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Eine Rakete des Army Tactical Missile Systems (ATACMS) wird während einer gemeinsamen Militärübung zwischen den USA und Südkorea an einem ungenannten Ort in Südkorea abgefeuert (Archivbild vom 05.10.2022).

© dpa/AP/South Korea Defense Ministry/Uncredited

61-Milliarden-Dollar-Paket für die Ukraine: Diese Waffen könnten die USA nun liefern

Das US-Repräsentantenhaus hat die Blockade neuer Militärhilfen für die Ukraine aufgegeben. Doch welche Waffen kann Kiew genau erwarten? Und werden sie rechtzeitig ankommen?

Am Wochenende konnten Kiew und die Verbündeten der Ukraine aufatmen. Nach der monatelangen Verweigerung der US-Republikaner, neue Militärhilfen freizugeben, passierte das rund 61-Milliarden-Dollar-Paket das Repräsentantenhaus. Die noch ausstehende Zustimmung der anderen Kammer des Kongresses, des Senats, gilt als sicher.

Welche Waffen aber im Paket enthalten sein werden, wird aus taktischen Gründen unter Verschluss gehalten. Was bekannt ist, deutet darauf hin, dass die Ukraine neben neuer Artilleriemunition unter anderem mit dringend benötigten Raketen für größere Distanzen und die Abwehr der zunehmenden russischen Luftangriffe rechnen kann.

ATACMS: Raketen für größere Distanzen

Im Text zum Hilfspaket heißt es, US-Präsident Biden solle der Ukraine „so bald wie machbar“ weittragende Raketensysteme vom Typ ATACMS („Army Tactical Missile System“) zur Verfügung stellen. Die ballistischen, präzisen Geschosse dieser mobilen Raketenwerfer haben eine Reichweite von bis zu 300 km. Sie eignen sich daher gut, um russische Infrastruktur wie Munitions-, Öl- und Waffendepots aus sicherer Distanz zu zerstören. Im Oktober 2023 setzte die Ukraine zum ersten Mal ATACMS-Raketen ein, wie US-Medien damals berichteten. Laut Angaben der Ukraine seien unter anderem Start- und Landebahnen beschädigt und neun russische Hubschrauber zerstört worden.

Ganz offensichtlich hat dieser – vergleichsweise kleine – Einsatz nicht die Wende im Ukrainekrieg gebracht, wie es sich manche zuvor von den Hightech-Waffen erhofft hatten, die als „Gamechanger“ beworben wurden. Was die ATACMS-Raketen bringen können, hängt aber auch von ihrer Anzahl ab. Jetzt muss abgewartet werden, wie viele dieser Systeme und Munition in die Ukraine geliefert werden können – und wann.

Die „New York Times“ berichtete unter Berufung auf Regierungsmitarbeiter, dass das begrenzte Arsenal der USA für den Notfall eines Krieges mit Russland, Nordkorea oder China reserviert sei. Bevor hier kein Ersatz vorhanden ist, könne nichts an die Ukraine geschickt werden.

Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Senat, Mark Warner, machte dagegen Hoffnung auf eine rasche Lieferung weittragender Raketensysteme vom Typ ATACMS. Er setze darauf, dass diese sofort losgeschickt würden, wenn das Gesetz endgültig verabschiedet sei.

Munition für die F-16

Neben den ATACMS-Raketensystemen gelten auch die F-16-Kampfflugzeuge als Schlüsselwaffen zur Verteidigung der Ukraine gegen Russland. Es ist unklar, ob und wie viele der Flugzeuge aus EU-Beständen bereits eingesetzt werden.

Die USA liefern selbst keine Kampfflugzeuge, helfen aber bei der Ausbildung ukrainischer Piloten. Im neuen US-Militärpaket werden teure Munition und Ersatzteile für die F-16 enthalten sein, vermutet das unabhängige russische Portal „Meduza“. Fest steht: Gerade jetzt wären einsatzfähige Kampfflugzeuge für die Ukraine von großem Nutzen, um Drohnen und Raketen abzufangen, mit denen Russland regelmäßig auf Städte und Infrastruktur zielt.

Überhaupt scheint die Luftverteidigung für die USA eine wichtige Rolle zu spielen. Am Donnerstag stellte der Pressesprecher des Pentagons mehr Luftabwehr- und Artilleriemunition für die Ukraine in Aussicht, berichtete die „New York Times“. Insbesondere russische Gleitbomben überwinden derzeit immer wieder die ukrainische Abwehr.

„Meduza“ hält das neue US-Militärpaket darüber hinaus auch an anderer Stelle für wichtig. „Es ist wahrscheinlich, dass Amerika in den kommenden Monaten gezwungen sein wird, den Großteil der ukrainischen Verluste an Panzern und Schützenpanzern auszugleichen“, schreibt das Portal. Doch werden die USA, die nach der EU insgesamt die meiste Unterstützung für die Ukraine bereitstellen, schnell genug damit sein?

Es dauert zu lange

„Neue Munition wird glücklicherweise wohl recht schnell da sein, was wichtig ist, da dies eines der größten Probleme der Ukrainer aktuell in ihrer Verteidigung gegen Russland ist“, sagte Militärexperte Carlo Masala dem Tagesspiegel. „Doch alles, was Luftverteidigung und Raketen betrifft, wird mehrere Monate dauern.“

Das ist ein Problem – und zwar nicht nur wegen der knappen Ressourcen der ukrainischen Armee. Die russische Seite wird gerade jetzt besonders motiviert sein, in den Wochen oder Monaten des Wartens verstärkt anzugreifen, vermutet das US-Institut für Kriegsstudien.

Es gelte, das Zeitfenster bis zum Nachschub für verstärkte Angriffe zu nutzen. Oder anders formuliert: Mit ihrer monatelangen Verzögerung neuer Hilfen haben die US-Republikaner die Ukraine besonders verwundbar gemacht und daran ändert auch der Beschluss vom Wochenende vorerst nichts, ganz im Gegenteil. (mit dpa)

Korrekturhinweis: In der Überschrift und auch im Text war in Bezug auf ATACMS von „Langstreckenraketen“ die Rede. Die Geschosse haben zwar eine größere Reichweite als verwandte Modelle, gelten aber trotzdem als Kurzstreckenraketen. Überschrift und Text wurden angepasst.

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