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Ein gesunkenes Schiff liegt nach einer Sturmflut im Kieler Olympiahafen Schilksee.

© dpa/Daniel Bockwoldt

Aufräumarbeiten an der Ostseeküste: Sturmflut hinterlässt Schäden in dreistelliger Millionenhöhe

Das Wasser stand meterhoch, nun geht es allmählich zurück. Die Behörden rechnen mit immensen Reparaturkosten. Besonders stark traf die Sturmflut den Osten Schleswig-Holsteins.

Auch zweieinhalb Tage nach der schweren Ostsee-Sturmflut sind die Spuren der zerstörerischen Wellen vielerorts noch sichtbar. Medienberichten zufolge sind die meisten Straßen mittlerweile wieder frei, die Schiffe auf Nord- und Ostsee verkehren wieder nach Plan. Doch noch immer läuft an der gesamten deutschen Küste das große Aufräumen.

Im Flensburger Hafengebiet ist die Stromversorgung seit dem späten Sonntagabend wiederhergestellt. „Es kann aber sein, dass einzelne Haushalte noch keinen Strom haben“, sagte ein Sprecher der Stadtwerke am Montag. Das könne nach Problemen durch Wasser der Fall sein. Einen genauen Überblick darüber habe die Stadt jedoch nicht.

Mitarbeiter hatten am Wochenende nach Angaben der Stadtwerke mit voller Kraft an der Wiederherstellung der Stromversorgung gearbeitet. Dazu musste jeder Schaltkasten überprüft werden, um sicherzustellen, dass er nicht mehr nass sei. „Sonst besteht die Gefahr von weiteren Schäden wie Kurzschlüssen oder Bränden“, hieß es früheren Angaben zufolge.

Zerstörte Strandkörbe liegen nach einer Sturmflut am Strand der Ostsee.

© dpa/Daniel Bockwoldt

In der Nacht zum Samstag hatte der Flensburger Pegel nach Angaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) den Höchststand bei 2,27 Meter über dem Normalwert. Ein ähnlich hoher Wert war in Flensburg zuletzt 1904 mit 2,23 Meter gemessen worden.

Auch andernorts halfen Einsatzkräfte und Freiwillige, Ordnung zu schaffen und Schäden aufzunehmen. Reparaturen und Wiederaufbauarbeiten werden wohl längere Zeit in Anspruch nehmen, wie der Landesfeuerwehrverband Schleswig-Holstein erklärte.

Zahlreiche Schäden in Schleswig-Holstein

Die Summe der Schäden ließ sich am Wochenende noch nicht beziffern. Der Leiter des Stabes Katastrophenschutz im Innenministerium hatte aber früh von einer dreistelligen Millionenhöhe gesprochen.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hatte bereits am Samstag den mehr als 2000 Einsatzkräften gedankt und Hilfen des Landes angekündigt.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther beim Waten durch Algen und Steine am Strand.

© dpa/Frank Molter

„Wir sind wirklich allen extrem dankbar, die in diesen Stunden geholfen haben“, sagte der CDU-Politiker am Samstag. „Schleswig-Holstein hat zusammengestanden angesichts dieser schrecklichen Flutkatastrophe.“ Günther verschaffte sich unter anderem in seiner Heimatstadt Eckernförde einen Überblick über die Schäden.

Allein im Olympiahafen in Kiel Schilksee dürften die Schäden in die Millionen gehen, wie die Stadt am Sonntag mitteilte. „Es ist ein Desaster“, sagte Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD). Mehr als 35 Boote seien gesunken, viele weitere beschädigt.

Ein durch eine Sturmflut gesunkenes Schiff liegt im Kieler Olympiahafen Schilksee im Wasser.

© dpa/Daniel Bockwoldt

Am Hafen, an den Stegen und an der Mole hätten Sturm und Wasser erhebliche Schäden verursacht. Mit den Aufräumarbeiten sei unmittelbar begonnen worden. „Uns stehen die Tränen in den Augen, wenn wir die Gewalt des Hochwassers und die angerichteten Schäden sehen“, sagte der Geschäftsführer der Sporthafen GmbH, Philipp Mühlenhardt.

Zahlreiche Menschen in Orten am Wasser hatten wegen Überschwemmungen in der Nacht zum Samstag ihre Häuser verlassen müssen. Die Feuerwehr sprach von rund 2000 Betroffenen in Schleswig-Holstein. Eine Frau auf Fehmarn starb am Freitag im Sturm. Ein Baum hatte ihr Auto getroffen.

In Ostholstein wurden mehrere Strandwälle von den Fluten durchbrochen und Deiche beschädigt. Bei Maasholm und Arnis an der Schlei sowie südlich des Olpenitzer Hafens brachen Deiche, auch in Damp konnte ein Deich nicht gehalten werden.

In Schleswig wurde der Hafen überflutet, der Strom wurde abgestellt. In etlichen Häfen gingen Sportboote unter, die Infrastruktur erlitt erhebliche Schäden. An den Steilküsten gab es Abbrüche.

„Großes Glück“ in MV

Mecklenburg-Vorpommern war weniger stark betroffen. Allerdings richtete der Sturm auch dort erhebliche Schäden an. Am Darß, wo am Samstag ein Damm zur Boddenseite an zwei Stellen vom Wasser durchbrochen worden war, wurde weitgehend Entwarnung gegeben. „Wir haben großes Glück gehabt“, sagte der für den Küstenschutz zuständige Minister Till Backhaus (SPD).

Der ehemalige Fischkutter „Nordland III“ liegt nach der Sturmflut an der Ostseeküste teilweise gesunken vor dem Wiecker Sperrwerk.

© dpa/Jens Büttner

Im Zuge des Sonntags wurde auch auf den Inseln das Ausmaß der Sturmflut zunehmend sichtbar. So wurde der Promenadenweg in Sassnitz zu großen Teilen von den gewaltigen Wassermassen zerstört. In Stahlbrode zwischen Stralsund und Greifswald richtete die Sturmflut massive Schäden an den Hafenanlagen und den dort liegenden Schiffen an.

Dennoch ist das Ausmaß geringer als im Vorfeld befürchtet. „Zwar gibt es Schäden an unseren Küstenschutzanlagen, sie haben aber voll ihre Funktion erfüllt“, sagte Minister Backhaus. „Wir haben keine Menschenleben zu beklagen, keine Verletzten und keine Kapitalwerte verloren. Das ist das Wichtigste.“

Forderungen nach besserer Prävention

Inzwischen wurden die ersten Forderungen in Schleswig-Holstein nach Konsequenzen aus den Erfahrungen der Sturmflut laut. Aus den Reihen der SPD, FDP und des Südschleswigschen Wählerverbands kamen Rufe nach Überprüfung und Verbesserung der Küstenschutzkonzepte, nach einem Hilfsfonds und nach mehr Geld für den Küstenschutz.

Weil vielerorts Strände und Dünen ins Wasser gespült wurden, will sich Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister an den für Küstenschutz zuständigen Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) wenden, wie Backhaus sagte. „Ich werde ihn dringend bitten, aufgrund der aktuellen Lage bei uns in Mecklenburg-Vorpommern und in Schleswig-Holstein zusätzliche Mittel bereitzustellen.“

Große Schäden verursachte der Sturm auch im südlichen Dänemark, wo viele Urlauber ufernahe Ferienhäuser verlassen mussten. In Großbritannien kamen mehrere Menschen ums Leben. (dpa)

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