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Die Ballettschule zeigt ihr Können.

© Christophe Gateau/dpa

Nach Absage von Galatermin im Mai: Leiterin der Berliner Ballettschule räumt erhebliche Defizite ein

Die Staatliche Ballettschule Berlin kommt nicht zur Ruhe. Die Leiterin der Schule räumt ein, dass es keine ausreichenden Reformen gibt. Hintergrund ist die Absage des Galatermins im Mai.

Neuer Wirbel um die Staatliche Ballettschule in Berlin: Die amtierende Schulleiterin Martina Räther gestand in einer Art Brandbrief, der auch an die Bildungsverwaltung ging, ein, dass die nötigen Reformen an der Schule noch nicht ausreichend greifen. Zuerst hatte der rbb darüber berichtet.

Hintergrund ist die gemeinsame Absage von Staatsballett und Ballettschule eines für Ende Mai geplanten Galatermins. Begründet wurde die Absage mit organisatorischen Problemen.

Selbstkritischer Brief an die Schul-Senatsverwaltung

Einen Tag nach der Absage ging Räther in einem Brief an alle Mitarbeiter der Schule, Teile der Elternschaft und die Bildungsverwaltung näher auf den Vorgang ein.

In diesem Brief heißt es wörtlich: „Wir haben es zu Beginn des Reformprozesses in neuer Konstellation geschafft, zwei erfolgreiche Schulgalas in der erwarteten hohen Qualität auf die Bühne zu bringen. Aber auch schon diese beiden Galas haben uns gezeigt, dass die künstlerisch-fachliche Qualität einerseits und Kinder- und Gesundheitsschutz andererseits zum momentanen Zeitpunkt nicht gewährleistet ist.“

Die künstlerisch-fachliche Qualität einerseits und der Kinder- und Gesundheitsschutz andererseits sind zum momentanen Zeitpunkt nicht gewährleistet.“

Martina Räther, Schulleiterin

Diese Passagen weisen auf das strukturelle Problem der Schule hin, das seit Jahren Thema ist, unter anderem vor Arbeitsgerichten. Dem früher amtierenden Schulleiter Ralf Stabel und dem künstlerischen Leiter Gregor Seyffert wurde vor vier Jahren vorgeworfen, an der Schule herrschten Machtmissbrauch und Kindeswohlgefährdung durch Überlastung, Body-Shaming und Psychodruck.

Land Berlin scheitert vor dem Arbeitsgericht

Der Versuch allerdings der Bildungsverwaltung, Stabel und Seyffert zu kündigen, scheiterte vor dem Arbeitsgericht. Die beiden sind zwar nicht mehr an der Schule, beziehen aber weiter Gehalt.

36.000
Euro kostet ein Schulplatz an der Staatlichen Ballettschule Berlin

Eine erfolgreiche Reform der Schularbeit gibt es offenbar immer noch nicht, das räumt Räther in ihrem Brief sogar ein. „Wir nehmen immer wieder eigenmächtiges Handeln im Praxisunterricht wahr; Abneigung gegenüber notwendigen Veränderungen bei Kinder- und Gesundheitsschutz, Ablehnung von Fortbildungen, Widerstand gegenüber zukunftsweisenden Ideen, Unterlaufen von gemeinsamen Absprachen“, schrieb sie.

Lehrkräfte kritisieren Zusaammenarbeit mit Tanzmedizinierin

Nach rbb-Recherchen kritisieren Lehrkräfte die Zusammenarbeit mit einer Tanzmedizinierin. Auch die Arbeit des wöchentlich tagenden, im Zug der Reformen eingerichteten Präventionsteams werde als unbefriedigend kritisiert.

Nachdem Räther die Gala abgesagt habe, hätten sich einige Lehrkräfte in einer Mail an die Senats-Bildungsverwaltung gewandt und die Rückkehr des ehemaligen interimistischen Schulleiters Dietrich Kruse als Berater gefordert, berichtet der rbb.

Auch die gesamte Schulgemeinschaft erhielt ein Schreiben. Darin distanzierten sich viele Tanzlehrkräfte umgehend „vollumfänglich“ von Räthers Aussagen. „Das Kindeswohl ist klar im Fokus der Tanzpädagog*innen, die sich verpflichtet haben, nach dem Schulcodex zu handeln und die Unterrichtspraxis stetig durch Schülerbefragungen zu evaluieren“, schrieben sie. Die amtierende Schulleitung schenke ihren Reformvorschlägen zu wenig Gehör.

Ballett-Kollegium ist angeblich gespalten

Das Ballett-Kollegium ist nach Angaben des rbb gespalten. Nur Wenige unterstützten die Reformen und beteiligten sich an Weiterbildungen. Die Bildungsverwaltung wollte zu den Einzelheiten des Streits keine Stellung nehmen.

Fest steht, dass die Ballettschule für das Land Berlin eine teure Einrichtung ist. Die Schule mit ihren 230 Schülern erhält pro Jahr rund 8,3 Millionen Euro, das bedeutet: Jeder Schulplatz ist 36.000 Euro teuer. Die Technikerschule, die ebenso wie die Staatliche Ballettschule zentral verwaltet ist, erhält bei mehr als 660 Schülern rund sechs Millionen Euro, also rund 9000 Euro pro Schüler.

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