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Die Gasag-Zentrale am Euref-Campus in Schöneberg.

© imago images/Joko/via www.imago-images.de

Berliner Strom- und Gasversorger Gasag: Keine Preiserhöhungen mehr im laufenden Jahr

Der Energieversorger Gasag sucht seine neue Rolle nach der Rückkehr des Wettbewerbers Vattenfall Wärme zum Land Berlin. Eine Preisgarantie für Endverbraucher könnte helfen bei der Imagepflege.

Der Berliner Energieversorger Gasag hat angekündigt, auf Tariferhöhungen im laufenden Kalenderjahr zu verzichten. „Wir werden keine Preiserhöhungen in 2024 vornehmen. Weder beim Strom, noch beim Gas“, sagte Vertriebsvorstand Matthias Trunk am Montag anlässlich der Vorstellung der Geschäftszahlen für das vergangene Jahr. „Wir sehen perspektivisch eher eine Preissenkung in den kommenden 12 bis 15 Monaten“, begründete er diese Aussage. Die verfügbaren Speicher seien voll.

Die Preise seien zwar nicht wieder auf das Vorkrisenniveau zurückgekehrt, doch auch die der Gasag lägen wieder unter denen der staatlichen Energiepreisbremse. Auch der Wettbewerb funktioniere wieder – gerade in Berlin. „Die Billiganbieter, die ihre Kunden 2022 im Stich gelassen haben, sind zurück. Teilweise unter neuem Namen, aber es sind die gleichen Personen“, sagte Trunk.

Weil das vergangene Jahr wärmer war als erwartet, hatte die Gasag 2023 weniger Strom und Gas verkauft. Beim Gas ging der Absatz nach Angaben des Unternehmens um rund 13 Prozent zurück. Beim Stromabsatz lag der Rückgang bei rund sechs Prozent. Neben der Witterung hat das Unternehmen auch Kunden verloren. Der Umsatz stieg aufgrund der hohen Inflation dennoch um rund 40 Prozent auf knapp 2,3 Milliarden Euro. Weil sich die Preise mittlerweile wieder stabilisiert hätten, werde der Umsatz im laufenden Jahr wieder niedriger ausfallen, kündigte Finanzvorstand Stefan Hadré an.

Völlige Klimaneutralität bis 2040 als Ziel

Konzernchef Georg Friedrichs bekräftigte das Ziel, die eigene Organisation der Gasag schon im kommenden Jahr 2025 klimaneutral zu organisieren. Bis zum Jahr 2040 sollen sämtliche Leistungen der Gasag klimaneutral sein. Das Unternehmen werde gleichwohl auch dann noch „Moleküle“ transportieren, wenn auch etwa 40 Prozent weniger als heutzutage.

Friedrichs beglückwünschte das Land Berlin dafür, dass es den Rückkauf des Berliner Fernwärmenetzes vom Energieversorger Vattenfall abgeschlossen hat. Das Unternehmen Berliner Energie und Wärme AG war vergangene Woche vorgestellt worden. Mit dem Verkauf verbunden ist auch die Option, dass das Land Berlin das knappe Drittel der Anteile an der Gasag von Vattenfall übernehmen könnte. Die anderen Drittel gehören dem französischen Energieversorger Engie (knapp 32, Prozent) und Eon (knapp 37 Prozent).

Friedrich sagte, er wisse nicht, ob das Land diese Option ziehen werde und kenne auch deren genauen Wortlaut nicht. „Wichtig ist, dass die Zusammenarbeit der Infrastrukturbetreiber besser wird“. Die Versorgung dieser Stadt hänge maßgeblich am Erdgas, und das werde auch noch relativ lange so sein, sagte der Gasag-Vorstandschef voraus. Das sei eine nur „mäßig gute Nachricht für das Klima“.

Der Gasag-Vorstand dam Montag in der Firmenzentrale am Euref-Campus in Berlin-Schöneberg. Von links: Stefan Hadré (Finanzen), Georg Friedrichs (Vorstandsvorsitzender), Matthias Trunk (Vertrieb) und Unternehmenssprecher Rainer Knauber.

© Kevin P. Hoffmann

Die Gasag will deshalb im laufenden Jahr die Investitionen auf rund 174 Millionen Euro steigern und das Geld größtenteils für den Umbau der Wärmeversorgung verwenden. Das wäre ein Anstieg um 50 Prozent im Vergleich zu 2030. Das Erdgasnetz wird aber nicht wachsen, stellte die Gasag klar. Es gehe um die Ertüchtigung für den Transport von Wasserstoff. Dieses verfügt über ähnliche – wenn auch nicht identische – Eigenschaften von Methan (also handelsübliches „Erdgas“).

Das Kernnetz ist nicht dazu da, den Erdgassektor zu ersetzen.

Georg Friedrichs, Gasag-Chef

Bundesregierung und Energiewirtschaft setzen darauf, dass man im großen Stil Wasserstoff mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind und Sonne erzeugen kann. Mit dem Wasserstoff will man Kraftwerke klimaneutral befeuern. Für Berlin arbeitet eine Gasag-Tochter bereits am Ausbau von Leitungen, um in einem ersten Schritt Berlins fünf große Heizkraftwerke an ein überregionales Wasserstoffnetz anschließen zu können. Dafür müssen lediglich fünf bis sehr von insgesamt 60 Kilometern Leitungen neu verlegt werden. In einem weiteren Schritt will die Netzgesellschaft der Gasag auch kleinere Anlagen an das Startnetz angeschlossen werden.

Gasag will mit Dienstleistungen wachen

„Das Kernnetz ist nicht dazu da, den Erdgassektor zu ersetzen“, stellte Gasag-Chef Friedrichs klar. Es gehe darum, den erzeugten Grünstrom zu verteilen. Das gehe nicht von heut auf morgen. Insgesamt gibt es rund 1800 Blockheizkraftwerke in der Stadt. Dazu viele Tausende Gastthermen in Einfamilienhäusern.

In der Stadt Berlin kann die Gasg die gesetzlich vorgeschriebene kommunale Wärmeplanung mit Politik, Verwaltung, der nun landeseigenen Berlin Energie und Wärme AG und sich selbst ausmachen. In Brandenburg ist es deutlich komplexer. Hier müssen 400 Kommunen eigene Wärmeplanung erstellen. In 100 davon ist die Gasag über ihre seit September zusammengeführten Töchter EMB und Spreegas aktiv.

Schon Friedrichs Vor-Vor-Gänger hatten sich vor 15 Jahren Gedanken gemacht, wie das Unternehmen von einem Gasverteiler und -händler zum Dienstleistungsunternehmen werden kann. Es gilt, das Geschäft breiter aufzustellen, da der ursprüngliche Geschäftszweck an Bedeutung verlieren wird. Heute ist die Gasag lokaler Grünstromerzeuger, bietet Energieberatungen.

Man sei enttäuscht gewesen, dass eine von der Gasag in Auftrag gegebene Umfrage unter lokalen Hausbesitzer ergeben habe, dass die Gasag nicht der erste Ansprechpartner in Energiefragen ist, sondern Installationsbetriebe. Das nehme man als Ansporn, hieß es.

Wachstum verzeichnet das Unternehmen immerhin beim Personal. Ende 2023 beschäftigte der Konzern inklusive seiner Töchter wie der Netzgesellschaft NBB fast 1700 Personen, knapp vier Prozent mehr als im Vorjahr. Auch sei es – zumindest in der Berlin – kein großes Problem, qualifiziertes und motiviertes Personal zu finden. Das gilt auch für Auszubildende. Für die investiert die Gasag gerade in den Neubau der Ausbildungswerkstatt im Ortsteil Weißensee. Maßgebliche teile des Baus übernehmen die Auszubildenden praktischerweise selbst.

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