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Menschen empfinden Flow häufig während künstlerischer Tätigkeiten, zum Beispiel beim Musizieren.

© MPI für empirische Ästhetik/L. Bittner

„Flow“ für Herz und Kreislauf: Wie Leidenschaften therapeutisch wirken

Die eine erlebt es beim Geige spielen, der andere beim Sortieren von Briefmarken. Nun haben Forschende untersucht, ob der „Flow“ positiv auf die Gesundheit wirkt.

Menschen, die leichter als andere völlig in einer Tätigkeit aufgehen können, sind – bemessen an ihrem Seelenzustand und dem Zustand ihres Herz-Kreislaufsystems – gesünder. Daher wird angenommen, dass die Flow-Erfahrung, die Momente des Aufgehens, eine Schutzwirkung haben.

Allerdings handelt es sich bei den bisherigen Studien hauptsächlich um Querschnittsstudien, die auf Selbstauskünften der Teilnehmenden basieren. Um Ursache und Wirkungen zu überprüfen, hat ein Forschungsteam vom Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik (MPIEA) in Frankfurt am Main und von der University of Melbourne, Australien, jetzt Gesundheitsdaten von fast 10.000 Menschen ausgewertet.

Ergebnisse im Einklang

„Ein kausaler Zusammenhang war bisher nicht eindeutig nachgewiesen“, wird Co-Autorin Miriam Mosing vom MPIEA zitiert. Bisherige Studien hätten auch nicht überprüft, ob – umgekehrt – psychische Gesundheitsprobleme, zu einer geringeren Neigung zu Flow führen, oder ob weitere Faktoren vorliegen, die sowohl dem Gesundheitszustand als auch der Flow-Neigung zugrunde liegen können. Das könnten etwa genetische Einflüsse sein, Umweltfaktoren oder Persönlichkeitsmerkmale.

Ein kausaler Zusammenhang war bisher nicht eindeutig nachgewiesen.

Co-Autorin Miriam Mosing vom MPIEA

Wie das Team kürzlich im Fachjournal „Translational Psychiatry“ berichtete, ergab die Datenanalyse, dass Personen mit einer höheren Neigung zu Flow-Erfahrungen ein geringeres Risiko für Depressionen, Angstzustände, Schizophrenie, bipolare und stressbedingte Störungen sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufwiesen. Am deutlichsten war dieser Effekt bei Depressionen und Angstzuständen.

Darüber hinaus untersuchte das Team erstmals, ob Neurotizismus die beobachteten Zusammenhänge beeinflusst und ob familiäre Faktoren eine Rolle spielen.

Neurotizismus ist ein Begriff für die Neigung einer Person, emotional unausgeglichen und leicht reizbar zu sein. Menschen mit hohen Neurotizismuswerten sind anfälliger für Stress und psychische Probleme sowie für Herz-Kreislauf- und andere körperliche Erkrankungen.

„Die Neigung zu Flow ist auch unter Berücksichtigung dieser Faktoren mit einem deutlich geringeren Risiko für Depressionen und Angstzustände verbunden“, sagt Co-Autorin Laura Wesseldijk vom MPIEA. Damit stünden die Ergebnisse im Einklang mit einer Schutzfunktion von Flow-Erfahrungen.

Die Forscherinnen und Forscher weisen jedoch darauf hin, dass zusätzliche Untersuchungen erforderlich sind, um den Zusammenhang weiter aufzuklären.

Doch die vorläufigen Ergebnisse sind vielversprechend: Behandlungen, die Flow-Erfahrungen fördern, könnten Gesundheit und Wohlbefinden verbessern.

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