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Ein neues Verfahren macht die Hightech-Fäden stabiler.

© Zhixun Wang

Neue Faser für smarte Klamotten: Mütze kann rote oder grüne Ampel erkennen

Textilien werden smart, etwa mit eingewebten Sensoren. Ein neues Verfahren macht die benötigten Hightech-Fäden stabiler und besser. Experten sehen es schon nahe an der kommerziellen Produktion.

Von Stefan Parsch, dpa

Wissenschaftler aus Singapur und China haben ein neues Verfahren dafür entwickelt, Fäden für Kleidung mit elektronischen Funktionen (Wearables) herzustellen. Bisher neigen Halbleiter wie Silizium und Germanium dazu, beim Produktionsprozess zu reißen.

Die Gruppe um Lei Wei von der Nanyang Technological University in Singapur hat den Prozess analysiert und ihn nach eigenen Angaben so verbessert, dass die Fäden mit sehr viel höherem Durchsatz bei sehr guter Qualität fabriziert werden können. Ihren Ansatz beschreiben sie in der Fachzeitschrift „Nature“. Zwei Experten sehen das Verfahren schon nahe an einer kommerziellen Produktion.

Um die Anwendbarkeit der neuen Fasern zu demonstrieren, woben die Forscher sie in eine Mütze. Mittels einer optoelektronischen Anwendung kann die Mütze registrieren, ob eine Fußgängerampel rot oder grün anzeigt und dies durch Vibrationssignale einem sehbehinderten Nutzer mitteilen.

Ein wesentlicher Vorteil dieser Technologie ist ihre Industriereife.

Xiaoting Jia und Alex Parrott von Virginia Tech in Blacksburg

Eine andere mögliche Anwendung ist das Armband einer Smartwatch, das durch Anpassung an die Hautoberfläche sehr genau den Pulsschlag messen kann. Und weil die hergestellte Faser einen Druck aushält, wie er in einer Meerestiefe von 3000 Metern herrscht, kann sie auch für Unterwasseranwendungen genutzt werden, wie es hieß.

Um hauchdünne Silizium- oder Germaniumfäden zu erhalten, gilt die Molten-Core-Methode als besonders vielversprechend. Dabei wird ein Halbleiterkern von einer dicken Glasschicht umhüllt. Beides wird zusammen bis zur Zähflüssigkeit erhitzt und in die Länge gezogen. Doch oft reißt der Faden schon während des Erkaltens.

Mikrocomputer in Alltagskleidung

Wei und Kollegen stellten fest, dass sowohl beim Festwerden des Halbleiters als beim anschließenden Abkühlen Spannungen im glasumhüllten Faden entstehen. Diese Spannungen sind auf unterschiedliche Schmelzpunkte und Wärmeausdehnungsraten der Materialien zurückzuführen.

Erheblich bessere Resultate erzielten die Forscher, als sie Germanium mit Aluminosilikat-Glas und Silizium mit ultrahartem Quarzglas kombinierten. Nach dem Erkalten kann das Glas durch ein Säurebad entfernt werden und der Halbleiterfaden mit metallischen Leitern und Kunststoff zu einer optoelektronischen Faser kombiniert werden. „Unsere Erkenntnisse könnten funktionelle Fasern einen Schritt weiter in Richtung beispielloser Erfassungs-, Betätigungs-, Energieumwandlungs- und Rechenfähigkeiten bringen“, schreiben die Studienautoren.

Das sehen Xiaoting Jia und Alex Parrott von Virginia Tech in Blacksburg, die selbst nicht an der Studie beteiligt waren, ganz ähnlich. In einem Kommentar in „Nature“ schreiben sie: „Ein weiterer wesentlicher Vorteil dieser Technologie ist ihre Industriereife.“

So werde die verwendete Faserziehvorrichtung bereits bei der Herstellung kommerzieller optischer Fasern in der Telekommunikationsindustrie eingesetzt. Und sobald die Fasern erzeugt seien, könnten sie mit Werkzeugen, die in der Textilindustrie weit verbreitet sind, zu Stoffen gestrickt oder gewebt werden. Die Studie mache „einen großen Schritt in Richtung der Integration von Mikrocomputern in Alltagskleidung“, so Jia und Parrott.

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