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Ein antarktischer Meteorit, bereits teilweise in das Eis eingesunken. Bisher wurden die meisten auf dem Eis liegend gefunden.

© The University of Manchester/The Lost Meteorites of Antarctica project/Katherine Joy

Meteoritenforschung in der Antarktis: Steigende Temperaturen, sinkende Außerirdische

Die meisten für die Wissenschaft wichtigen Meteoriten werden auf dem Südkontinent entdeckt. Denn sie sind auf dem Eis leicht zu finden. Der Klimawandel erschwert dies immer mehr.

Von Annett Stein, dpa

Vor einigen Jahren machte sich auch der Astronaut Alexander Gerst auf die Suche nach ihnen: Meteoriten aus der Antarktis sind ein Schatz für Erkenntnisse zur Geschichte unseres Sonnensystems. Auf dem hellen Grund des eisbedeckten Kontinents sind sie gut zu erkennen. Noch. Bis 2050 werden einer Studie zufolge etwa ein Viertel der geschätzt 300.000 bis 800.000 Meteoriten in der Antarktis durch die Gletscherschmelze verloren gehen.

Derzeit werden jährlich etwa 1000 Meteoriten in der Antarktis geborgen. Rund fünfmal so viele verschwinden im Eis und gehen so für die Wissenschaft verloren, wie ein Forschungsteam im Fachjournal „Nature Climate Change“ berichtet.

Selbst bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt erwärmen sich die dunklen Meteoriten so stark, dass sie das Eis unter dem Meteoriten schmelzen können.

Veronica Tollenaar, Université libre, Brüssel

Mit dem Versinken der außerirdischen Objekte gehe viel Wissen verloren. „Sie geben Aufschluss über den Ursprung des Lebens auf der Erde oder über die Entstehung des Mondes und anderer Himmelskörper“, sagte Daniel Farinotti von der Forschungsanstalt Wald, Schnee und Landschaft (WSL) sowie der ETH Zürich.

Schmelzen und Selbsteinfrieren

Die Meteoriten versinken wegen ihrer Farbe so rasch: „Selbst bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt erwärmen sich die dunklen Meteoriten in der Sonne so stark, dass sie das Eis direkt unter dem Meteoriten schmelzen können“, erklärte Veronica Tollenaar von der Université libre de Bruxelles, Co-Leiterin der Studie.

Meteoritensuche während einer Expedition des Instituto Antártico Chileno (INACH) zum Union Glacier, Ellsworth Mountains, Antarctica, 2023-2024.
Meteoritensuche während einer Expedition des Instituto Antártico Chileno (INACH) zum Union Glacier, Ellsworth Mountains, Antarctica, 2023-2024.

© Université libre de Bruxelles/Veronica Tollenaar

Der warme Meteorit erzeuge eine Mulde im Eis und verschwinde schließlich völlig. Mit den steigenden Temperaturen in der Atmosphäre erhöhe sich zudem die Oberflächentemperatur des Eises, was den Prozess noch beschleunige.

Die Forschenden prognostizierten das Schwinden, indem sie Satellitenbeobachtungen, Klimaprojektionen und Modellrechnungen kombinierten. Mit jedem Zehntel Grad steigender globaler Lufttemperatur sinken demnach 5000 bis 12.000 Meteoriten in das Eisschild ein und werden unsichtbar. Um noch möglichst viel des wertvollen Materials sichern zu können, müsse die Bergung beschleunigt und intensiviert werden, rät das Team um Farinotti.

Beste Fundregion der Welt

Die Antarktis ist demnach der ergiebigste Fundort überhaupt: Etwa 60 Prozent der rund 80.000 jemals auf der Erde gefundenen Meteoriten stammen von der Oberfläche des antarktischen Eisschildes.

Durch Strömungen im Eisschild konzentrieren sich die meist einige Zentimeter großen Meteoriten im Laufe von Jahrzehntausenden in sogenannten Strandungszonen. Dort suchen Wissenschaftler zu Fuß oder vom Schneemobil aus nach den extraterrestrischen Überresten.

Im Zuge einer Ansmet-Expedition – ANtarctic Search for METeorites, einem Programm unter anderem der US-Raumfahrtagentur Nasa – hatte auch der Geophysiker Alexander Gerst in der Saison 2019/2020 nach Meteoriten gesucht. Mehr als 300 der Objekte wurden vom Team gefunden.

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