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Die Weibchen Afrikanischer Elefanten, hier im Serengeti-Nationalpark in Tansania, bleiben oft ihr ganzes Leben bei der Herde ihrer Mutter.

© Patrick Eickemeier

Verwandtschaftstests an Stoßzähnen: DNA-Analysen sollen Elfenbein-Schmuggelkartelle aufdecken

Elfenbeinschmuggler sind schwer zu fassen, wenn sich beschlagnahmte Stoßzähne nicht zuordnen lassen. Erbgut-Analysen sollen das ändern.

DNA-Analysen von Stoßzähnen könnten kriminelle Kartelle aufdecken und so die Wilderei von Elefanten und den Schmuggel von Elfenbein empfindlich treffen. Das berichten Forscher nach Untersuchungen von mehr als 4300 Stoßzähnen, die bei knapp 50 Razzien beschlagnahmt worden waren.

Aus der Auswertung leitet das Team um Samuel Wasser von der University of Washington in Seattle Folgerungen sowohl zu den Schmuggelrouten ab als auch zur Struktur und Vernetzung transnationaler Syndikate in Afrika.

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Drei Zentren des Elfenbeinhandels

Allein von 2007 bis 2015 schwand die Zahl der Elefanten auf dem Kontinent demnach um schätzungsweise 100.000. Betroffen seien insbesondere die kleineren Waldelefanten (Loxodonta cyclotis), deren Elfenbein bei den Abnehmern in Südostasien wegen der höheren Dichte besonders geschätzt wird. Die vom Aussterben bedrohten Waldelefanten stellen zwar nur noch sechs Prozent der Elefanten in Afrika, beim beschlagnahmten Elfenbein beträgt ihr Anteil mit 23 Prozent aber fast ein Viertel, wie das Team um Wasser im Fachblatt „Nature Human Behaviour“ schreibt. Auch die Zahl der Afrikanischen Elefanten (L. africana), die als stark gefährdet gelten, sei deutlich gesunken.

Meist würden die Stoßzähne in Containern per Schiff in die Abnehmerregionen gebracht. Um diesen Schmuggel zu unterbinden, müsse man die dafür verantwortlichen transnationalen kriminellen Organisationen (TCOs) überführen. „Hier stellen wir DNA-basierte Werkzeuge vor, die einzelne TCOs mit mehreren Lieferungen von beschlagnahmtem Elfenbein von Waldelefanten und Afrikanischen Elefanten verbinden“, schreibt das Team. Damit könnten Ermittler die Händler nicht nur wegen einzelner beschlagnahmter Elfenbein-Lieferungen zur Rechenschaft ziehen, sondern verschiedene Delikte, die teils Jahre auseinanderliegen, miteinander verbinden.

Schon vor vier Jahren hatte Wasser mit Kollegen im Fachblatt „Science Advances“ gezeigt, dass DNA-Tests nachweisen können, wenn etwa zwei Stoßzähne desselben Elefanten in unterschiedlichen Lieferungen beschlagnahmt wurden. Da das Elfenbein von demselben Individuum stammt, könne man davon ausgehen, dass dieselbe Organisation hinter den Schmuggelversuchen steckt. Damals schloss das Team aus seinen Analysen, dass der Schmuggel von 2011 bis 2014 vor allem über drei afrikanische Zentren lief: Mombasa in Kenia, Entebbe in Uganda und Lomé im westafrikanischen Togo.

Schmuggelware aus sichergestellten Beständen

Nun stellt das Team Analysen von 4320 Stoßzähnen vor, die von 2002 bis 2019 als Teile von 49 Lieferungen beschlagnahmt worden waren. Diesmal geht es aber nicht mehr nur darum, zwei Stoßzähne desselben Elefanten einander zuzuordnen, was nicht allzu häufig vorkommt. Mit den DNA-Analysen könne man auch enge Verwandtschaften von Tieren ermitteln, also zwischen Eltern und Nachwuchs, Geschwistern und Halbgeschwistern. Hier sei die Trefferquote beim Abgleich verschiedener beschlagnahmter Sendungen wesentlich höher.

Solche Übereinstimmungen deuten den Forschern zufolge mit recht hoher Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass jeweils dieselbe Organisation hinter den Verbrechen steckt. Dies gelte insbesondere für miteinander verwandte weibliche Tiere, weil diese gewöhnlich zeitlebens in ihrer Sippe bleiben. Bullen verlassen ihre Sippe zwar, bleiben demnach aber meist in der Nähe ihrer Geburtsregion.

„Die Identifizierung naher Verwandter zeigt an, dass Wilderer wahrscheinlich wiederholt zu den gleichen Populationen zurückkehren, und dass die Stoßzähne dann vom gleichen kriminellen Netzwerk angekauft und auf Containerschiffen außerhalb Afrika gebracht werden“, wird Wasser in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. „Indem wir einzelne Beschlagnahmen miteinander verbinden, decken wir ganze Netzwerke auf, die versuchen, diese Stoßzähne aus dem Kontinent zu schmuggeln.“

Aus der Analyse folgern die Forscher, dass hinter dem großangelegten Elfenbeinschmuggel nur eine Handvoll Organisationen stecken, die enge Beziehungen zueinander unterhalten. Diese operieren hauptsächlich noch immer von Kenia und Uganda aus, in Westafrika inzwischen aber vermehrt über Nigeria und seit kurzem auch über Angola und die Demokratische Republik Kongo.

Behörden in Ländern wie Kenia haben riesige Mengen Elfenbein sichergestellt,bislang aber nicht genug, um den Schwarzmarkt trockenzulegen.

© dpa

Ein DNA-Abgleich könne es ermöglichen, die Ermittlungen und die Strafverfolgung auszuweiten und so das Strafmaß im Falle einer Verurteilung zu erhöhen. Auch Schmuggelrouten und Geldströme könne man so leichter nachverfolgen.

Die Forscher nennen etliche Beispiele für den Wert ihres Verfahrens: So wurden etwa bei vier der Beschlagnahmen Stoßzähne entdeckt, die aus Beständen der Regierung von Burundi stammten und aus einem Militärstützpunkt abhandenkamen. Zum Teil wählten die Schmuggler für ihre Lieferungen identische Verstecke, etwa in ausgehöhlten Teakholzstämmen.

Auch für die Nachverfolgung anderer Schmuggelwaren könnten sich Elfenbein-Analysen als nützlich erweisen, betont das Team. Demnach sind die Kartelle auch für den illegalen Handel sowohl mit Schuppentieren verantwortlich als auch mit anderen lukrativen Gütern wie Drogen und Waffen.

Walter Willems, dpa

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