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Wirtschaft: Wenn schon, dann richtig ungesund (Glosse)

Nirgendwo sonst in Deutschland ist es so schwer wie in Berlin, mit leerem Magen nach Hause zu kommen. Fettig und verlockend zieht der Duft unzähliger Pommes-, Döner-, Bratwurstbuden durch die Straßen.

Nirgendwo sonst in Deutschland ist es so schwer wie in Berlin, mit leerem Magen nach Hause zu kommen. Fettig und verlockend zieht der Duft unzähliger Pommes-, Döner-, Bratwurstbuden durch die Straßen. Dazu Mäcs und China-Imbisse und Sushi-Bars und was der exotische Gaumen-sonst noch so begehrt an jeder Ecke. Wie soll man da an sich halten?

Wie wenig resistent deutsche Münder und Mägen gegenüber äußeren Einflüssen sind, hat uns die Centrale Marketinggesellschaft der Deutschen Agrarwirtschaft (CMA) gerade wieder unter die Nase gerieben. Danach decken wir bereits ein Drittel unseres Nahrungsbedarfs außerhalb der eigenen vier Wände. In der Kantine, am Imbiss, in Fastfoodketten oder in Gourmet-Restaurants. Schon jetzt geben wir dafür 170 Milliarden Mark aus. Und ein Ende ist nicht abzusehen: In zwei Jahren soll die 200-Milliarden-Mark-Schwelle überschritten sein.

Damit nicht genug: Die Deutschen lassen sich auch immer mehr Fleisch auftischen. Am liebsten sogar Schweinefleisch. Das Borstenvieh galt lange Zeit als die ungesündeste Variante der Schlachtplatte: fetttriefend und voller Cholesterin. Von der Gicht ganz zu schweigen, die uns anfallen wird wie der Hund den Hasen. Wenn schon, denn richtig ungesund, scheint das Motto zu sein. Hormonskandal, Dioxinskandal hin oder her - das lässt uns kalt. Gefuttert wird wieder, was schmeckt. Sehr beliebt sind laut CMA auch veredelte Produkte wie Pommes und Kartoffelchips.

Wird es uns darüber allen bald schlecht werden? Müssen wir uns grämen und reumütig die Geißel über unserem immer fleischiger werdenden Rücken schwingen? Ganz im Gegenteil. Das wir immer größere Mengen immer ungesünderer Dinge außer Haus verschlingen, spricht zumindest für unsere gewachsene Risikobereitschaft: Wir trauen uns wieder mehr zu. Wir trauen uns zu, selbst zu entscheiden, ob wir uns den Magen verderben wollen und womit. Das ist doch positiv. Endlich eine klare Absage an die unerbittlichen Vorschriften übelgelaunter Vollkorn-Fetischisten. Und schließlich: Auch Fastfood kann gesund sein. Würden sonst Berliner Dönerhändler ihre Fleischfladen als Diätkost preisen?

Maren Peters

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