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Wirtschaft: Was besser werden muss

München – Airbus steckt in der Krise, obwohl das Unternehmen Bestellungen für über 200 Milliarden Euro in den Büchern hat und die Luftfahrtindustrie brummt. Die Fluggesellschaften ordern Passagierjets in bisher nicht gekannten Stückzahlen.

München – Airbus steckt in der Krise, obwohl das Unternehmen Bestellungen für über 200 Milliarden Euro in den Büchern hat und die Luftfahrtindustrie brummt. Die Fluggesellschaften ordern Passagierjets in bisher nicht gekannten Stückzahlen. Bis zu 28 000 Maschinen mit mehr als 100 Sitzen sollen in den kommenden 20 Jahren verkauft werden, schätzt Airbus-Konkurrent Boeing grob den Markt. Die Europäer wollen davon die Hälfte abhaben. Die Airbus-Probleme sind jedoch hausgemacht.

Sorgenkind A 380: Zweimal mussten die Europäer binnen zwölf Monaten die Auslieferung ihres Prestigeprojektes A 380 verschieben. Deutsche und Franzosen arbeiteten mit unterschiedlicher Software, bei der Verkabelung brach das Chaos aus. Fünf Milliarden Euro und viel Reputation kostest das Desaster A 380 den Mutterkonzern EADS. Die Produktion hochzufahren, wird eine Hauptaufgabe des neuen Airbus-Chefs. Immerhin soll noch in diesem Jahr die erste Maschine ausgeliefert werden.

Hoffnungsträger A 350: Mindestens so entscheidend ist aber das Langstreckenflugzeug A 350. Die Maschine ist kleiner als die A 380, bedient aber einen viel größeren Markt. Boeing hat die Lücke frühzeitig erkannt und mit dem 787 „Dreamliner“ ein Flugzeug mit völlig neuen Eigenschaften entwickelt. Schon vor dem Erstflug im September ist die Maschine 600 mal verkauft. Airbus reagierte zu spät. Der erste Entwurf des A 350 fiel bei den Kunden glatt durch. Jetzt konstruieren die Europäer ein völlig neues Modell. Der neue A 350 fliegt aber frühestens 2013 und kostet statt fünf jetzt elf Milliarden Euro in der Entwicklung.

Drastisches Sparprogramm: „Wir müssen schneller, effektiver und schlanker produzieren“, fordert Enders. Eine Rosskur mit dem Namen „Power 8“ soll Airbus bis 2010 fit für den Wettbewerb mit Boeing machen. Von 56 000 Arbeitsplätzen in Europa fallen 10 000 weg, zwei Milliarden Euro Kosten sollen pro Jahr eingespart werden. Wegen der Dollarschwäche lässt sich der A 350 in Europa ohne das Sanierungsprogramm gar nicht profitabel fertigen, hat das Investmenthaus Lehman Brothers ausgerechnet.

Sanierungsrezept Ausgliederung: „Wir suchen Risikopartner“, sagte Enders Vorgänger Gallois und stellt sechs Airbus-Werke zum Verkauf. Künftige Flugzeuggenerationen erfordern hohe Investitionen, die Airbus nicht mehr alleine tragen will. Auch hier folgt Airbus seinem Rivalen Boeing. Die Amerikaner sind Airbus dabei meilenweit voraus. Dreiviertel des „Dreamliners“ stammen von Zulieferern, Boeing vollendet nur noch den Prozess in der Endmontage. Der A350 soll künftig zur Hälfte von Zulieferern und Risikopartnern entwickelt werden.

Frustrierte Mitarbeiter: Und nicht zuletzt muss sich der neue Airbus-Chef um die Mitarbeiter kümmern, die in den vergangenen Monaten viel ertragen mussten. In Deutschland und Frankreich laufen die Gewerkschaften Sturm gegen Werksverkäufe und Jobabbau, obwohl gleichzeitig die Produktion sämtlicher Modellreihen gesteigert werden soll. Die Rivalität zwischen den wichtigsten Produktionsstandorten Hamburg und Toulouse ist in der Krise wieder voll entflammt, das Misstrauen auf allen Ebenen greifbar. Das Management und die Belegschaft wieder auf ein Ziel einzuschwören – das ist vielleicht die größte Herausforderung für Enders. Markus Fasse (HB)

Markus Fasse (HB)

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