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Wirtschaft: Störsignale

Die Bundesregierung will die Handy-Hersteller verpflichten, strahlungsärmere Mobiltelefone zu bauen. Dazu will Bundeskanzler Schröder die Hersteller in den nächsten Wochen ins Kanzleramt einladen.

Die Bundesregierung will die Handy-Hersteller verpflichten, strahlungsärmere Mobiltelefone zu bauen. Dazu will Bundeskanzler Schröder die Hersteller in den nächsten Wochen ins Kanzleramt einladen. Ziel sollen eine freiwillige Selbstverpflichtung der Handy-Hersteller und ein Gütesiegel für strahlungsarme Geräte sein. Die gesetzlich festgelegten Grenzwerte sollen nicht angetastet werden. Im Dezember hatte die Bundesregierung eine vergleichbare Vereinbarung mit den Telekomunternehmen getroffen, die die Sendemasten für Mobiltelefone aufstellen.

Seit Monaten wird in Deutschland über die Strahlung von Handys gestritten. Vor allem Eltern sorgen sich, dass Kinder beim mobilen Telefonieren durch Strahlung der Geräte geschädigt werden könnten. Richtwert für die Strahlung ist der SAR-Wert, die spezifische Absorptionsrate. Das ist die Strahlungsenergie, die beim Telefonieren mit dem Handy vom Körpergewebe aufgenommen wird. Das führt zum Erwärmen des Gewebes - und damit nach Ansicht der Kritiker möglicherweise zu Gehirnschäden. Dieser Grenzwert liegt in Deutschland und den meisten anderen Ländern bei zwei Watt pro Kilogramm. In den USA gelten strengere Grenzwerte.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin will zusätzlich ein neues Gütesiegel für Handys einführen, das an Geräte vergeben wird, deren Strahlungswerte unter den gesetzlichen Grenzwerten liegt. Dagegen laufen die Hersteller Sturm: Die Mehrzahl der heute angebotenen Handys hätten jetzt schon SAR-Werte, die weit unter den Grenzwerten liegen. Seit dem Herbst des vergangenen Jahres werden die SAR-Werte außerdem in den Bedienungsanleitungen aufgeführt. Es gebe keinen Grund, an dieser Praxis etwas zu ändern, argumentieren die Handy-Hersteller. Sie fürchten, dass ein Siegel die Hersteller benachteiligt, deren Handys den Grenzwerten entsprechen, nicht aber den Kriterien des Siegels. "Das wäre wie eine Senkung der Grenzwerte durch die Hintertür", sagt Uwe Kullnick vom Branchenverband Bitkom.

Ein Gütesiegel würde den Verbraucher in der Scheinsicherheit wiegen, ein Handy mit einem um die Hälfte reduzierten Strahlungswert sei doppelt so sicher, argumentiert Kullnick. Das sei aber nicht der Fall. Vertreter von Umweltverbänden begrüßen das Vorhaben von Trittin dagegen. Gerd Billen, Vorsitzender der Jury Umweltzeichen, die das Umweltsiegel "blauer Engel" vergibt, meint, das Siegel sei eine wichtige Orientierungshilfe für diejenigen, die auf strahlungsarme Geräte besonderen Wert legen - etwa Eltern, die Handys für ihre Kinder kaufen. Die müssten sich dann nicht mit technischen Details wie SAR-Werten herumschlagen.

Auch für die Hersteller könne das Umweltzeichen ein Verkaufsargument sein. Zurzeit würden die Vergabekriterien erarbeitet. Sollte es im Bundeskanzleramt eine entsprechende Einigung mit den Herstellern geben, so könnten bereits zum kommenden Weihnachtsfest Mobiltelefone mit dem blauen Engel unterm Christbaum liegen.

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