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Wirtschaft: Reformer und Bremser sind schon am Werk

Handwerk bietet Regierung Gespräche an / Gewerkschaftsspitze fordert Änderungen der Hartz-Vorschläge

Berlin (ce). Vor den Wahlen haben die Spitzenvertreter der Wirtschaftsverbände und die obersten Gewerkschaftsfunktionäre ihre Forderungen an die Parteien gerichtet. Nach den Wahlen bauen sie nun ihre Drohkulissen auf: „Die Bundesregierung hat eine zweite Chance bekommen – aber keinen Freibrief für ein weiter so“, stellte Dieter Philipp, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), am Dienstag klar. „Der Druck, etwas zu tun, wird sich erhöhen“, sagte Philipp. SPD und Grünen bietet der Verband eine Zusammenarbeit an: Man sei bereit, „lösungsorientierte Gespräche“ zu führen. Die Arbeitgeber der Metall- und Elektroindustrie forderten von der Regierung „klare Zeichen für wirtschaftliche Reformen.“ Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kündigte an, dass er „wieder kräftig mitmischen“ werde, etwa bei der Umsetzung der Hartz-Reformen am Arbeitsmarkt. „Wir werden die Lobbyarbeit verstärken“, sagte DGB-Chef Michael Sommer.

Der Bundesregierung stehen in der kommenden Legislaturperiode schwierige Reformen auf dem Arbeitsmarkt und im Gesundheitswesen bevor. Angesichts der knappen Kassen wird die rot-grüne Koalition um Steuererhöhungen oder um Einschnitte in den Sozialsystemen oder bei anderen Haushaltsposten kaum herumkommen.

Handwerks-Präsident Philipp warnt daher schon einmal prophylaktisch vor einer Erhöhung der Mehrwertsteuer. Darüber denkt in der rot-grünen Koalition bislang noch niemand laut nach – aber „die Gefahr liegt nahe“, vermutet Philipp. Druck macht der Verband damit, dass schon die Verschiebung der Steuerreformstufe 2003 vor allem den Mittelstand treffe. Stattdessen müssten die Haushalte durchforstet und wirklich gespart werden. Dagegen macht allerdings der DGB mobil, der Finanzminister Hans Eichel (SPD) vor einer zu ehrgeizigen Konsolidierungspolitik warnte. „Wir setzen auf die Einsichtsfähigkeit von Menschen“, zeigte sich Sommer zuversichtlich.

Mit Blick auf den Einfluss der Gewerkschaften auf die SPD äußerte der Handwerks-Verband Zweifel an der „wirklichen Reformfähigkeit“ der Koalition auf dem Arbeitsmarkt. Die Vorschläge der Hartz-Kommission dürften nicht verwässert werden, forderte Philipp. So müsse etwa die Zeitarbeit für alle Vermittlungsunternehmen dereguliert werden, nicht nur die der Arbeitsämter. Die Sozialdemokraten müssten mit ihrer bisherigen Politik brechen, wenn sie ernsthaft die Vorschläge der Hartz-Kommission umsetzen wollten, sagte auch ZDH-Generalsekretär Hanns-Eberhard Schleyer, der Mitglied der Hartz-Kommission war. Dazu zählt er die Pläne, Niedriglohnjobs im haushaltsnahen Bereich einzuführen und die Ausgaben dafür steuerlich absetzbar zu machen. Das hatte die SPD lange als „Dienstmädchenprivileg“ verurteilt. Es könne nicht im Interesse der Gewerkschaften sein, „sich vernünftigen Reformen zu verweigern“, sagte Schleyer.

DGB-Chef Sommer hat in Sachen Hartz aber schon konkrete Änderungswünsche an den Bundeskanzler: Es gehe darum, „an der einen oder anderen Stelle Sicherheiten zu schaffen und weniger Sinnvolles sinngebend umzugestalten“, sagte Sommer. Durch die Ausweitung der Leiharbeit könnten die Kernbelegschaften von Betrieben durch „Randbelegschaften“ verdrängt werden, fürchtet er.

Einer Fortsetzung des Bündnis für Arbeit stehen sowohl ZDH als auch DGB offen gegenüber. Das Handwerk allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ein „offener Austausch“ möglich sei, ohne die Öffentlichkeit. Und der DGB nur unter der Voraussetzung, dass das Thema Tarifautonomie vollständig ausgeklammert werde.

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