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Vor allem in der Gastronomie sind die Löhne schlecht.

© dpa/Felix Kästle

Prekäre Lage im Handel und der Gastronomie: Über acht Millionen Menschen verdienen weniger als 14 Euro pro Stunde

Neue Zahlen zeigen, wie wenig Lohn viele Menschen erhalten. Zwar wirkt der Mindestlohn, die geplante Erhöhung hält die SPD aber für zu gering und fordert eine Reform der zuständigen Kommission. 

Mehr als acht Millionen Arbeitnehmende in Deutschland gingen zuletzt einer Beschäftigung nach, bei der sie weniger als 14 Euro pro Stunde Lohn erhielten. Das geht aus einer Antwort des Arbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Gruppe im Deutschen Bundestag hervor, über die der „Spiegel“ zuerst berichtete.

Im April 2023 verdienten laut Bundesarbeitsministerium 7,1 Millionen Menschen in den westlichen und 1,3 Millionen in den östlichen Bundesländern weniger als 14 Euro pro Stunde.

Davon waren mit 1,6 Millionen die meisten Menschen im Handel beschäftigt. Darunter werden in der Statistik auch die Kfz-Instandhaltung sowie -Reparatur gezählt. Auch im Gastgewerbe verdienten mit 1,1 Millionen Menschen fast zwei Drittel der Beschäftigten der Branche (65,8 Prozent) weniger als 14 Euro.

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Der gesetzliche Mindestlohn wurde in den vergangenen Jahren stetig erhöht. Von 9,82 Euro im April 2022 auf 12 Euro pro Stunde im vergangenen Jahr. Zu Jahresbeginn wurde er dann um 41 Cent auf 12,41 Euro erhöht. Im kommenden Jahr soll er auf 12,82 Euro steigen.

Die Schere zwischen Gering- und Topverdienern in Deutschland hat sich zuletzt auch wegen der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns verringert. Besserverdienende erhielten im April 2023 im Schnitt das 2,98-Fache des Bruttostundenverdienstes von Geringverdienenden. Das teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Montag mit. Im April 2022 war es noch das 3,28-Fache. Wer 12,25 Euro oder weniger verdiente, zählt in der Statistik zu den Geringverdienenden; wer 36,48 Euro oder mehr Stundenlohn erhielt zu den Top-Verdienenden.

SPD-Chefs erhöhen Druck auf Mindestlohnkomission

Aus SPD- und Gewerkschaftskreisen wurden in der vergangenen Woche Forderungen nach einer stärkeren Erhöhung des Mindestlohns erneuert. SPD-Chef Lars Klingbeil sagte in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“, die Mindestlohnkommission müsse beim nächsten Mal ein „deutliche Erhöhung“ vorschlagen.

Seine Co-Vorsitzende Saskia Esken bekräftigte das im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montagausgabe) und brachte dazu eine Reform der Mindestlohn-Kommission ins Spiel. „Wir sollten die gesetzlichen Vorgaben für die Mindestlohnkommission so verändern, dass dort Entscheidungen nur im Konsens getroffen werden können“, sagte Esken. So sei das bei Tarifverhandlungen auch üblich. „Man muss sich einigen, die eine Seite kann die andere nicht überstimmen. Das wäre auch beim Mindestlohn sinnvoll.“

Die Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl (Die Linke) wies im Spiegel auf eine EU-Richtlinie hin, derzufolge der Mindestlohn nicht unterhalb von 60 Prozent des mittleren Lohns liegen darf. Diese müsse bis November 2024 umgesetzt werden. „Das entspricht aktuell mindestens 14 Euro und käme Millionen Beschäftigten zugute“, sagte Ferschl.

Ohne Tarifvertrag fehlt Beschäftigten ein volles Monatsgehalt 

Kritik auf die Forderung der SPD-Vorsitzenden kam aus den Reihen der Union. „Eine Erhöhung des Mindestlohns ist Sache von Gewerkschaften und Arbeitgebern im Rahmen der Mindestlohnkommission“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Hermann Gröhe, dem RND. Gröhe warf der SPD vor, sie wolle die Tarifpartner entmachten und die Lohnfindung politisieren. Eine Erhöhung des Mindestlohns sei die Sache von Gewerkschaften und Arbeitgebern.

Wie hoch der Einfluss der Tarifbindung auf den Verdienst von Beschäftigten ist, zeigte eine ebenfalls am Montag veröffentliche Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Vollzeitbeschäftigte in tariflosen Unternehmen arbeiten demnach im Schnitt jede Woche 53 Minuten länger und verdienen trotzdem gut zehn Prozent weniger als Beschäftigte in Betrieben mit Tarifbindung.

„Über das Jahr gesehen entspricht dies für Beschäftigte ohne Tarifvertrag gut einer zusätzlichen Arbeitswoche, wobei ihnen auf dem Konto gleichzeitig mehr als ein volles Monatsgehalt fehlt“, rechnete das WSI vor. Zudem wiesen die Autor:innen darauf hin, dass 2023 nur noch 49 Prozent der Arbeitnehmenden in tarifgebundenen Firmen beschäftigt waren. Im Jahr 2000 waren es noch mehr als zwei Drittel der Beschäftigten (68 Prozent) in Deutschland.

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