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© dpa-Zentralbild

Arbeitsplätze: Krach bei Siemens

In Deutschland sollen 2000 Arbeitsplätze bei Siemens wegfallen. Betriebsrat und IG Metall sprechen von Salamitaktik.

München - Siemens baut in Deutschland erneut 2000 Stellen ab – und riskiert damit ein Zerwürfnis mit der bislang loyalen Belegschaft. Der Arbeitsplatzabbau trifft vor allem die nordbayerischen Standorte Bad Neustadt und Erlangen. Er sei wegen der weiter sinkenden Nachfrage im Zuge der Krise sowie eines Technologiewandels nötig, begründeten Siemens-Personalvorstand Siegfried Russwurm und der Chef des Industriesektors, Heinrich Hiesinger, die Einschnitte. Die Belegschaft sowie die IG Metall sehen das anders und fordern Alternativen zum Stellenabbau.

Die soeben auf der Hauptversammlung dargestellte Perspektive des Unternehmens und die Situation der Belegschaft stünden in einem eklatanten Widerspruch, kritisierte Gesamtbetriebsratsvorsitzender Lothar Adler. „Die imageträchtig skizzierte strahlende Zukunft verwirklicht Siemens nicht, indem man ständig Beschäftigte vor eine ungewisse Perspektive stellt“, sagte er.

Die IG Metall fürchtet eine „Salamitaktik“, bei der nach und nach auch durch Verkäufe von Unternehmensteilen in Deutschland immer mehr Siemens-Arbeitsplätze wegfallen. Das zielt auf die profitable Hörgerätetochter SAT, die von Finanzinvestoren umworben wird, und auf die Elektroniktochter EDM mit zusammen gut 1000 Beschäftigten sowie die ungewisse Zukunft der riesigen IT- Sparte SIS mit 35 000 Mitarbeitern. Es sei das Personal, das die jüngsten Rekordgewinne erwirtschaftet habe, und deshalb brauche Siemens-Chef Peter Löscher eine neue Gesamtstrategie für die Beschäftigten in Deutschland, forderte Sibylle Wankel, die für die IG Metall im Siemens-Aufsichtsrat sitzt.

Die Tonlage im Konzern verschärft sich damit hörbar, nachdem Löscher im Schulterschluss mit Gewerkschaft und Betriebsrat noch 2008 ein Abbauprogramm für 18 000 Stellen in Vertrieb und Verwaltung durchdrücken konnte. Der Siemens-Chef und seine Vorstandskollegen sind sehr bemüht, die jetzigen Abbaupläne als punktuelle Streichungen zu erklären, zu denen die Weltwirtschaftskrise zwinge. Die treffe vor allem den Industriesektor von Siemens, betonte deren Chef Hiesinger. Für Deutschland ist dieser Siemens-Bereich mit hierzulande noch gut 68 000 Beschäftigten der weitaus wichtigste. Dort arbeiten mehr Menschen als in den beiden anderen Sektoren Energie und Medizintechnik zusammen.

Ein Großteil der Arbeitsplätze, die bis 2012 abgebaut werden sollen, gehe auf das Konto eines anhaltenden Einbruchs wichtiger Abnehmerbranchen wie dem Maschinenbau, sagte Hiesinger. Mit Kurzarbeit sei das nicht auszugleichen. Betroffen seien die beiden Geschäftsbereiche industrieller Anlagenbau und Antriebstechnik. Bei Letzterem kalkuliere Siemens langfristig mit einer im Vergleich zu 2008 um ein Drittel geringeren Nachfrage. Im Anlagenbau werde der konjunkturelle Tiefpunkt wohl erst 2011 erreicht. 640 deutsche Stellen gingen aber wegen der Verlagerung der Fertigung spezieller Elektromotoren in die Tschechische Republik verloren, räumte Hiesinger ein.

Hiesinger und Personalchef Russwurm traten der Vermutung entgegen, dass weitere Streichungen im Verborgenen vorbereitet werden. Sie sagten aber auch, dass derzeit im Ausland ein Abbau von einigen hundert Arbeitsplätzen diskutiert werde und dass das Ausmaß des Jobabbaus immer von der konjunkturellen Entwicklung abhängig sei. Die sei sehr unsicher. Wenn nötig, werde das Management „kontinuierlich reagieren“, sagte Hiesinger. In jedem Fall wolle man Entlassungen vermeiden. „Wir sind meilenweit davon entfernt, über betriebsbedingte Kündigungen nachzudenken.“

Das ist bislang bei Siemens gelungen. Im Vorjahr hat der Konzern weltweit 13 740 Arbeitsplätze abgebaut, davon 2800 Stellen hierzulande. Ende Dezember beschäftigte Siemens 402 000 Mitarbeiter, 128 000 davon in Deutschland. Ein Beschäftigungspakt, der betriebsbedingte Kündigungen hierzulande ausschließt, läuft Ende September aus. Derzeit verhandelt die Belegschaft mit dem Management über eine Verlängerung. Dazu kommen nun noch Verhandlungen zum Stellenabbau. Die würden zeigen, ob Siemens auf einen ernsthaften Konflikt mit Betriebsräten und der IG Metall zusteuert, warnte Adler.

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