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Ein Blick auf den Eingang vom Gefängnis im Straflager Charp.

© dpa/Uncredited

Ukraine-Invasion Tag 737: Was ehemalige Gefangene über das Straflager „Polarwolf“ berichten

Tausende bei Beerdigung von Nawalny in Moskau, Russland will offenbar Leichen der Opfer des Flugzeugabsturzes übergeben. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Trotz Warnungen des Kremls haben am Freitag Tausende Menschen von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny Abschied genommen (mehr dazu in unseren Nachrichten des Tages und in unseren Leseempfehlungen). Nawalny war am 16. Februar im Straflager mit dem inoffiziellen Namen „Polarwolf“ in der sibirischen Arktisregion Jamal gestorben. Unter welchen Bedingungen die Gefangenen dort leben, darüber hat die „New York Times“ nun berichtet (Quelle hier).

Die Zeitung hat mit mehreren ehemaligen Häftlingen gesprochen, die dort untergebracht waren, einer davon auch zur Zeit, als Nawalny starb. In Telefoninterviews hätten die Männer von unerträglicher Kälte, abstoßendem Essen, unhygienischen Bedingungen und Schlägen berichtet. Die Bedingungen in den Einzelzellen sollen besonders brutal gewesen sein.

Das Straflager baue auf einem System auf, das darauf ausgelegt war, den Geist zu brechen, indem es das Überleben vom bedingungslosen Gehorsam gegenüber dem Willen der Wärter abhängig mache, so die ehemaligen Häftlinge. „Es war die totale Vernichtung“, sagte etwa Konstantin, der nach seiner Entlassung unter psychischen Problemen litt. Und ein anderer sagte der Zeitung, die Einzelzellen seien dafür dagewesen, „die Menschen moralisch zu brechen, bis sie allen Bedingungen der Gefängnisverwaltung zustimmen“.

Neben der psychischen Belastung waren auch die Bedingungen im Gefängnis selbst laut den ehemaligen Insassen nur schwer zu ertragen. Dünne Decken seien oft die einzige Wärmequelle in den arktischen Nächten gewesen, in einigen Einzelzellen seien anstelle einer Heizung Heizkörper an die Wände gemalt worden. Das Essen sei ein „schrecklicher, ungenießbarer Brei“ gewesen und selbst im Vergleich zu anderen Gefängnissen deutlich schlechter.

Und dann scheint da immer wieder auch Einsamkeit gewesen zu sein: „Du musstest dich mit der Tatsache abfinden, dass dir niemand hilft, dass du auf dich allein gestellt bist“, sagte Alexander der Zeitung. Und ein anderer: „Man kann zehn Jahre dort verbringen und niemanden sehen und nichts von den anderen wissen.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Der Nachrichtenagentur RIA zufolge will Russland die Leichen der Opfer des Militärflugzeugabsturzes vom Januar übergeben. Die russische Menschenrechtskommissarin Tatjana Moskalkowa sagte RIA, dass sie wegen der Leichen in Kontakt mit ukrainischen Beamten stehe. Mehr hier.
  • Russland hat seine Rüstungsproduktion für den Krieg gegen die Ukraine nach britischer Einschätzung massiv erhöht. Die Verteidigungsindustrie sei „mit ziemlicher Sicherheit das gesamte Jahr 2024 über in der Lage, einen Materialvorteil gegenüber der Ukraine zu erzielen“, so das Verteidigungsministerium. Mehr hier.
  • Die Ukraine hat eigenen Angaben zufolge im Februar eine Rekordzahl russischer Kampfflugzeuge vom Himmel geholt. Wie das Verteidigungsministerium mitteilte, schoss die Luftverteidigung zwölf russische Kampfjets sowie ein Aufklärungsflugzeug ab. Mehr hier.
    Ukrainische Militärangehörige sollen im kommenden Sommer mit einer russischen Offensive rechnen. Das geht aus einem Bericht der US-Denkfabrik „Institute for the Study of War“ hervor. Demnach seien „ukrainische Beamte besorgt über die Möglichkeit erheblicher russischer Gebietsgewinne im Sommer 2024, falls sich die westliche Sicherheitshilfe weiter verzögert“. Mehr im Newsblog.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Mut der Russinnen und Russen gewürdigt, die am Freitag an der Beisetzung von Alexej Nawalny in Moskau teilgenommen haben. Sie „sind damit ein großes Risiko eingegangen - für die Freiheit“schrieb Scholz im Internetdienst X. 
  • Trotz deutlicher Kritik hält Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an seinen Überlegungen zu Bodentruppen in der Ukraine fest. „Jedes Wort, das ich zu diesem Thema, sage, ist abgewogen, durchdacht und besonnen“, sagte er dem Sender BFMTV. 
  • Litauen hat aus Sicherheitsgründen zwei weitere Grenzübergänge zum benachbarten Belarus vorübergehend geschlossen. Auf Beschluss der Regierung des baltischen EU- und Nato-Landes sind von heute an die beiden Kontrollpunkte Lavoriskes und Raigardas bis auf Weiteres dicht. 
  • Frankreich bestellt 2000 Kamikaze-Drohnen und will einige von ihnen an die Ukraine liefern. „Ich habe die Entscheidung getroffen, 2000 Stück ferngesteuerte Munition zu bestellen, für den Bedarf der französischen Armee wie auch für die Ukraine“, sagte der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu. 

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