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Sport: Zurück im Spiel

Italien hofft wieder auf die EM-Teilnahme

Als neuer „Condottiero“ des weltmeisterlichen italienischen Fußballs lebt es sich schwer. Das musste Roberto Donadoni in dieser Woche schmerzlich erfahren. Die Kritiker des 43-jährigen Nationaltrainers der Azzurri hatten ihn regelrecht demontiert, seine Ablösung verlangt und als Nachfolger gar Carlo Ancelotti ins Spiel gebracht. Umso mehr kostete Roberto Donadoni den ungefährdeten 2:0-Sieg gegen Schottland aus, so als sei es sein persönlicher Sieg über die Schar der Unkenrufer. „Die Jungs waren heute Abend wunderbar“, sagte Donadoni, „sie haben mit dem Sieg die richtige Antwort auf das ganze Geschwätz gegeben“. Mit dem Sieg verringern die Azzurri mit zehn Punkten den Abstand zu den führenden Schotten, Franzosen und Ukrainer (je 12). „Wir wollten mit unserem Sieg dieses Verbalmassaker auf den Trainer beenden“, sagte Mittelfeldspieler Gennaro Gattuso.

Der Spieler des Abends im San Nicola-Stadion war Stürmerstar Luca Toni. Mit zwei unnachahmlichen Kopfballtreffern half er Donadoni aus der Bredouille. „Wir wollen zur Europameisterschaft fahren, und zwar als Protagonisten“, sagte der hünenhafte Stürmer des AC Florenz, der derzeit sowohl von Juventus Turin als auch von Inter Mailand heftig umworben wird. Der Weltmeister agierte erstaunlich offensiv und erspielte sich viele Torchancen, besonders in der zweiten Hälfte. Donadoni handelte gemäß des Credos seines früheren Meistertrainers Arrigo Sacchi, wonach nicht der Spieler wichtig ist, sondern das Spielsystem.

Donadoni ist ein Verfechter des modernen Angriffsfußballs, als Trainer gilt er jedoch als Talent ohne sonderliche Referenzen. Er hatte bis zu seiner Berufung einen drittklassigen Klub sowie die zwei Provinzklubs Livorno und FC Genua trainiert – mit wechselhaftem Erfolg. Durch die Fürsprache des Verbandsvizepräsidenten Demetrio Albertini beerbte Donadoni Weltmeistertrainer Marcello Lippi. Der grantige Toskaner war zurückgetreten, weil sein Sohn Davide in den italienischen Manipulationsskandal verwickelt ist.

Donadoni ist die Unterstützung vom Verband abhanden gekommen. Seine Tage als Cheftrainer schienen gezählt, obwohl sein Vertrag bis Juni 2008 läuft. Nach dem Sieg gegen Schottland muss sich Carlo Ancelotti aber einstweilen noch etwas gedulden. Die Zeit des Krisenmanagements im italienischen Verband nach dem letztjährigen Manipulationsskandal ist unterdessen abgelaufen. Am 2. April soll nach fast zehnmonatiger kommissarischer Verwaltung des Verbandes ein neuer ordentlicher Präsident gewählt werden. Uefa-Präsident Michel Platini machte dies zur Bedingung, damit Italien seine Chancen wahren kann, die EM 2012 auszutragen. Gute Aussichten, zum neuen Verbandspräsidenten gewählt zu werden, hat Giancarlo Abete, der verbandsintern in der zweiten Reihe arbeitete.

Vincenzo Delle Donne[Bari]

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