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Aufsteiger: Marco Pezzaiuoli war unter Ralf Rangnick zweiter Assistent, jetzt übernimmt er dessen Job als Cheftrainer.

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Neuer Hoffenheim-Trainer: TSG-Coach Pezzaiuoli: Einer wie Löw

Sie nennen ihn "den jungen Löw": Hoffenheims neuer Trainer Marco Pezzaiuoli besitzt in der Branche einen ausgezeichneten Ruf.

Die ersten Kritiken versprechen großes Kino. „Das Leben ist kein Heimspiel“, heißt der Film, der an diesem Mittwoch bundesweit vom Aufstieg des Dorfvereins TSG Hoffenheim zum Bundesligaklub erzählt, mit all seinen Verwicklungen und Widersprüchen. Die Regisseure Rouven Rech und Frank Pfeiffer konnten nicht ahnen, dass die Dokumentation von der Aktualität überrollt wird. Nicht Ralf Rangnick, sondern Marco Pezzaiuoli heißt jetzt der Cheftrainer der Kraichgauer. Einen Tag vor der Kino-Premiere und unmittelbar vor der Abreise ins Trainingslager hat sich Rangnicks Nachfolger öffentlich vorgestellt – ein bisschen schüchtern, ein wenig zurückhaltend zwar, aber auch sympathisch und authentisch.

Dass Pezzaiuoli immer wieder mit Bundestrainer Joachim Löw in Verbindung gebracht wird, als sein Zwilling bezeichnet oder „der junge Löw“ genannt wird, führt zumindest auf keine falsche Fährte: In zwölf Jahren beim Karlsruher SC lernte Pezzaiuoli als Jugendkoordinator auch den heutigen Bundestrainer kennen. „Wir sind Freunde und respektieren uns“, sagt Pezzaiuoli. Und Löw lobt Hoffenheims neuen Cheftrainer: „Marco ist fachlich hervorragend.“ Die beiden Badener schätzen sich, und als Löw im Sommer 2006 einen Assistenten suchte, zählte Pezzaiuoli zum engeren Kandidatenkreis. Zum damaligen Zeitpunkt assistierte er gerade Bum-Kun Cha bei den Suwon Bluewings. Der Abstecher nach Südkorea ist für Pezzaiuoli in der persönlichen Rückschau fast noch wichtiger als seine Ära als DFB-Jugendnationaltrainer (2007 - 2010), weil er dort seine heutige Frau, die Mode-Designerin Je Won, kennenlernte. Der gebürtige Mannheimer ist selbst Sohn eines Italieners und einer Holländerin. „Und dann in Deutschland aufgewachsen: Das ist die ideale Kombination für Fußballer“, sagt Pezzaiuoli.

Der 42-Jährige, der mit der deutschen U 17 den Europameistertitel gewonnen hat, ist der nächste Prototyp einer selbstbewussten Trainer-Generation, die für einen mutigen, forschen Spielstil steht. Im Vergleich zu Löw, Tuchel oder Klopp hatte Pezzaiuoli allerdings das wohl geringste Talent als Spieler – er kickte nur mit mäßigem Erfolg für SV 1898 Schwetzingen und VfR Mannheim. Auch deshalb hat er schon mit 19 Jahren als Trainer angefangen. Der Begriff Philosophie kommt ihm flüssig über die Lippen, während sich die Branche an die Aussprache seines Nachnamens noch gewöhnen muss. „Es sind halt alle Selbstlaute drin“, sagt er selbstironisch.

Die Sprache sieht Pezzaiuoli als sein wichtigstes Werkzeug. Gleich seine erste Strategiedebatte mit Hoffenheims Manager Ernst Tanner dauerte bis weit nach Mitternacht. Konkrete Zielvorgaben für den Hinrundenachten gibt es nicht, mehr denn je hat Mäzen Dietmar Hopp klar gemacht, dass Hoffenheim sich nur noch als Ausbildungsverein sieht. Und dazu passt „einer der besten Talentförderer in Deutschland“, wie Tanner Pezzaiuoli nennt. Auch Hopp stehe bedenkenlos hinter der Personalie. Pezzaiuoli hat nach eigenem Bekunden am Neujahrstag nur wenige Stunden Bedenkzeit gebraucht, um das Angebot anzunehmen. Sein Kotrainer wird auf ausdrücklichen Wunsch der niederländische Honorarausbilder Marcel Lucassen. Wenn alles gut läuft, erhält Pezzaiuoli demnächst noch einen echten Trainervertrag – vorerst arbeitet er mit seinem bis 2014 gültigen Vertrag als Kotrainer.

Es dürfte eine spannende Angelegenheit werden, ob Pezzaiuoli sich wirklich zur prägenden Hoffenheimer Figur entwickelt. Vor allem Durchsetzungsvermögen gilt es zu beweisen. „Ich konnte schon in jungen Jahren auf den Tisch hauen“, sagt der 42-Jährige mit gezügeltem Temperament. Wie gegensätzlich und gleichzeitig bestimmend da sein Vorgänger wirkte, wird allein daran deutlich, dass das Nummernschild am Mannschaftsbus der Hoffenheimer aus den Initialen des bisherigen Trainers Ralf Rangnick besteht: HD - RR. Marco Pezzaiuoli hat damit kein Problem: „Von mir aus muss das Nummernschild nicht ab.“

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