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Sport: Spektakulär im Abstiegskampf

Nach dem erfolgreichen Fallrückzieher von Christoph Preuß gegen die Bayern sieht es für Frankfurt gut aus

Christoph Preuß hatte den größten Auftritt seiner Karriere. 78 Minuten waren zwischen Eintracht Frankfurt und Bayern München gespielt, als der 25 Jahre alte Profi mit einem Tor aus der Traumwelt des Fußballs der Eintracht am Samstag zum überraschenden 1:0-Sieg gegen die Bayern schoss. Das hätte sich der bis dahin eher mittelmäßige Mittelfeldspieler in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können, dass er mit so einem Kunstschuss einmal in die Stargalerie zu Fritz Walter, Uwe Seeler, Klaus Fischer oder Jürgen Klinsmann aufrücken würde (siehe Kasten unten).

Nach Spielende allerdings hatte Preuß noch keine Zeit, von seinem Kunststoß zu berichten. Bei seinem Abgang unter dem tosenden Jubel der 51 500 Zuschauer in der ausverkauften Frankfurter Arena hatte er den roten Zettel für die Dopingkontrolle erhalten. Erst als er diese hinter sich gebracht hatte, erzählte Preuß: „Der Ball kam in der richtigen Höhe. Da habe ich es einfach probiert und habe nicht gewusst, wo der Ball hingeflogen ist.“ Preuß hatte auch nicht spontan gejubelt. Es war ein Tor, das niemand erwartet hatte, erst recht nicht Bayern Münchens Trainer. Es war ein Tor, das Ottmar Hitzfelds Miene versteinern ließ.

Denn bis zu dieser 78. Minute hatte der Bayern-Trainer nie das Gefühl gehabt, dass seine Mannschaft in diesem Bundesligaspiel ein Gegentor bekommen könnte. „Aber man konnte nicht davon ausgehen, dass man heute ein Tor des Monats sehen würde.“ Ottmar Hitzfeld zollte dem Spieler, der mit seinem Traumtor die Titelambitionen der Bayern zurückgeschraubt hat, höchste Anerkennung. Hitzfeld sagte: „Das war ein wunderschönes Tor. Er hat das fantastisch gemacht.“

Erstmals seit der Rückkehr in die Bundesliga vor anderthalb Jahren hat die Eintracht eine Spitzenmannschaft besiegt. Trainer Friedhelm Funkel hatte aus den Heimdebakeln zuletzt gegen Werder Bremen (2:6), Schalke 04 (1:3) und VfB Stuttgart (0:4) gelernt und seinen Spielern untersagt, „zu euphorisch und unkontrolliert“ nach vorne zu spielen. Mit einer defensiv ausgerichteten Formation trat seine Mannschaft gegen den übermächtigen Gegner an.

Die destruktive Maßgabe lautete: Das Spiel des Gegners ist zu zerstören. Mit Disziplin und Leidenschaft ließen die Hessen die Bayern nicht zur Entfaltung kommen. Die Feldüberlegenheit des Rekordmeisters brachte nichts ein. „Uns fehlten die Kreativität und die Pässe in die Tiefe, um das Abwehrbollwerk zu knacken“, sagte Hitzfeld und sprach von einem „Rückschlag und einer bitteren Niederlage“. Schließlich fügte er an: „Das Thema deutsche Meisterschaft hat sich erledigt.“

Die Eintracht aber hat sich im Kampf gegen den Abstieg mit diesem so wichtigen Sieg, den ihr kaum jemand zugetraut hatte, etwas Luft verschafft. Frankfurt hat die Abstiegsplätze verlassen und zehrt nun im dichten Gedränge in der unteren Tabellenhälfte vorerst von einem Drei- Punkte-Abstand zum 16. Rang. In der Stunde des ersten Triumphes über den Rekordmeister seit achteinhalb Jahren dachte Funkel schon zwei Wochen weiter, an das nächste Spiel in Mönchengladbach. Frankfurts Trainer sagte: „Gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf sind die drei Punkte noch wichtiger.“ Und spektakuläre Tore allemal.

Hartmut Scherzer[Frankfurt am Main]

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