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Hoch und weit. Markus Eisenbichler fliegt an der Großen Olympiaschanze über das Logo des SC Partenkirchen.

© Michael Dalder/Reuters

Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen: Markus Eisenbichler wird Zweiter

Der Deutsche Markus Eisenbichler muss sich erneut Ryoyu Kobayashi geschlagen geben - wahrt aber seine Chancen auf den Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee.

Für einen kurzen Moment blitzte ein klein wenig Enttäuschung in den Augen von Markus Eisenbichler auf, dann verneigte er sich vor seinem großen Konkurrenten Ryoyu Kobayashi. Vor 21.000 Zuschauern wurde er beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen wieder Zweiter – im großen Duell dieser 67. Vierschanzentournee. Nachdem beim Auftakt in Oberstdorf umgerechnet 22 Zentimeter zum ersten Weltcup-Sieg seiner Karriere gefehlt hatten, waren es am Dienstag gut 1,05 Meter. Eisenbichler hat damit bei Halbzeit der Vierschanzentournee noch beste Chancen auf den ersten deutschen Gesamtsieg seit 17 Jahren.

„Ich fühle mich ähnlich wie in Oberstdorf. Schon wieder Podium – ich bin megahappy. Aber ich hatte schon gehofft, dass es vielleicht reicht“, sagte Eisenbichler. „Aber dann strenge ich mich halt an, dass es in den nächsten Tagen mal passiert mit dem Sieg.“ Als er nach seinem zweiten Sprung gelandet war, wurde er im Auslauf von allen deutschen Teamkollegen empfangen und umarmt. Schon im ersten Durchgang hatte Eisenbichler die Zuschauer begeistert, als er bei der Bestweite von 138 Metern gelandet war.

Bundestrainer Werner Schuster war sehr zufrieden: „Der erste Sprung von Markus war erste Sahne. Die Tür war etwas offen, aber im zweiten Sprung war ein leichter Fehler drin.“ So blieb wieder nur Platz zwei, weil Überflieger Kobayashi trotz schlechterer Windbedingungen keine Nerven zeigte und ihm der sechste Saisonsieg im neunten Springen gelang. Vielleicht ist es aber sogar ein Vorteil, wenn Eisenbichler bei den beiden anstehenden Tourneespringen in Österreich von hinten angreifen kann. Das glaubt zumindest Schuster: „Er ist in einer guten Position und war schon vor zwei Jahren unser bester Springer bei der Tournee. Er kennt den Tumult.“ Und der Rückstand von 1,27 Metern oder 2,3 Punkten auf Kobayashi ist minimal.

Offensichtlich hat Eisenbichler endlich auch sein Nervenkostüm im Griff. Schon in den vergangenen Monaten hatte er im Training das Niveau bestimmt, im Wettbewerb flatterten jedoch die Nerven. Ausgerechnet beim ersten Saisonhöhepunkt springt der 27-Jährige nun so gut wie noch nie. Dabei liegt eine der größten Enttäuschungen seiner Karriere nur zehn Monate zurück: Eisenbichler musste in Pyeongchang überraschend zuschauen, als seine Teamkollegen Olympia-Silber im Mannschaftswettbewerb gewannen.

Für Severin Freund endet die Tournee vorzeitig

Eisenbichler ist aber ein Athlet, der nach Abstürzen immer wieder aufsteht. So war es auch im September 2012, als er bei einem Trainingsversuch in Oberstdorf nach dem Absprung die Kontrolle verlor und kopfüber auf den Hang stürzte. Der dritte Brustwirbel war gebrochen, vier weitere angebrochen, sogar der Rollstuhl drohte. „Als ich da unten lag und erstmal nichts mehr gemerkt habe, habe ich schon mal gedacht, dass es das jetzt mit dem Skispringen war“, erinnert sich Eisenbichler: „Als ich dann im Krankenhaus lag, hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Ich habe mir gesagt: Falls ich wieder fit werde, dann probiere ich es nochmal. Dann nicht mehr mit 80 Prozent. Sondern unter dem Motto: Alles oder nichts.“

Genau so wird er auch den Rest der Tournee angehen. Dass jetzt erstmal ein Ruhetag ansteht, gefällt Eisenbichler: „Es ist so viel Trubel. Ich will einfach mal meine Ruhe haben.“ Die tut auch den anderen Skispringern des deutschen Teams gut. Stephan Leyhe überzeugte zwar als Siebter, aber Olympiasieger Andreas Wellinger und der frühere Weltmeister Severin Freund scheiterten wie schon in Oberstdorf im ersten Durchgang. Für den 30 Jahre alten Freund ist die Vierschanzentournee damit vorzeitig beendet, seinen Platz bei den beiden Springen in Österreich bekommt der 19 Jahre alte Constantin Schmid. „Es ist für Severin sicher eine Befreiung, wenn wir ihn rausnehmen“, sagte Schuster.

Ebenfalls schon im ersten Wettkampfsprung im neuen Jahr endeten alle Tournee-Träume für den Oberstdorf-Dritten Stefan Kraft, der nur Platz 48 belegte. Österreich hat nun keinen Sieganwärter in der Gesamtwertung mehr. Deutschland schon – allerdings wartet am Freitag die Schicksalsschanze von Innsbruck. Im vergangenen Winter war Richard Freitag bei den deutschen Tourneespringen ebenfalls zweimal auf Platz zwei gelandet und stürzte dann in Innsbruck.

Lars Becker

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