zum Hauptinhalt
ZDF-Sportstudio Katrin Müller-Hohenstein

© dpa

Porträt: „KMH“ wird zur Marke

Katrin Müller-Hohenstein hat sich beim „Aktuellen Sportstudio“ durchgesetzt. Jetzt ist Aufstieg angesagt - über die "Olympia Highlights" im ZDF.

Die bängliche Frage hat ihre souveräne Antwort gefunden: Ja, diese Frau kann es, Katrin Müller-Hohenstein kann „Das aktuelle Sportstudio“ im ZDF moderieren. Vor ihrer Premiere Ende Januar 2006 waren die Erinnerungsfontänen hochgeschossen. Nur fünf Frauen hatten es in die Traditionssendung geschafft, die mit dem ZDF 1963 auf Sendung gegangen war. Drei waren schon vergessen – Doris Papperitz, Sissy de Maas, Joan Haanappel – , Christine Reinhart war 1995 als vorerst Letzte gegangen, aber die erste Moderatorin wurde für Katrin Müller-Hohenstein als Menetekel an die Torwand gemalt: Carmen Thomas, jene, die sich 1973 den Versprecher „Schalke 05“ geleistet hatte. Mit Hilfe der „Bild“ ist Carmen Thomas damals „gescheitert worden“.

Nicht gescheitert, „gescheitert worden“, sagte die gebürtige Erlangerin im Tagesspiegel-Interview vor ihrem Start im „Sportstudio“. Diese Fallhöhe galt für die Debütantin nicht mehr. Zu Recht verweist sie im Fragebogen dieser Zeitung auf Monica Lierhaus: „Sie hat vielen Frauen einen steinigen Weg geebnet.“ Die Moderatorin der ARD-„Sportschau“ hat mit ihrer unnachgiebigen Präzision und verbalen Passgenauigkeit auch dem letzten Zweifler im Manne gezeigt, dass Frau und Fußball (und Restsport) kein Widerspruch sind. Prompt war das ZDF unter Druck geraten, zu „Miss Sportschau“ ein Gegengewicht zu finden. Was das Erste kann, muss das Zweite auch können, so die unbezwingbare Logik.

Chefredakteur Nikolaus Brender und Sportchef Dieter Gruschwitz gingen wie bei der Findung der Fußballexperten für die Nationalelf ins Risiko, als sie Trainer Jürgen Klopp und Ex-Schiri Urs Meier engagierten . Nach 60, manche sagen 80 Bewerbungen war der gefordete „Lattenkracher“ (Brender) gefunden: Katrin Müller-Hohenstein, damals 40, seit Jahren für den Hörfunksender Antenne Bayern tätig. Da lag das Risiko, im Systemwechsel vom körperlosen Radio zum figurbetonten Fernsehen. Also Risikominderung: Coaching mit „Sportstudio-Godfather“ Dieter Kürten, das Besinnen auf eine umfassende Erfahrung als Fußballreporterin bei der Antenne, das Korsett einer eingeübten Sendung. Müller-Hohenstein schlug nicht ein wie eine Bombe, sie kam, sah, arrondierte das Gelände, baute aus, wurde mutiger (ähnlich fing auch Angela Merkel im Herbst 2005 als Bundeskanzlerin das Regieren an).

Was angenehm ist: Diese Journalistin macht sich mit den Gesprächspartnern nicht gemein, sie lehnt jedes Duzen ab, sie will weniger meinen als wissen. Ihre Distanz ist die Halbdistanz, nah dran, nie näher, nie ferner. Sport, Fußball zumal, ist Emotion, das soll in der mal forcierten Fan-Perspektive nie vergessen werden, trotzdem müssen Nachdenken und Nachfragen nicht unterdrückt werden. Katrin Müller-Hohenstein hat keine „Spitznamisierung“ erfahren wie Waldemar „Waldi“ Hartmann oder Wolf-Dieter „Poschi“ Poschmann, es blieb beim Kürzel „KMH“, wie beim Kollegen Johannes B. Kerner („jbk“) mittlerweile ein Markenzeichen.

Katrin Müller-Hohenstein weiß, was eben auch Monica Lierhaus weiß: Mehr als jeder Mann muss die Frau als Sportfexe kompetent wirken, jeder Fakten-Wackler lässt die Augenbrauen der vorwiegend männlichen Gemeinde in die Höhe schnellen, jede Annäherung an den Herrn Sportler würde als Flirt, wenn nicht als Anmache verstanden. Ein bisschen fremdelt Mann immer noch, sobald Frau ihm den Fußball erklärt. Es braucht weiter ein Stück Wegs, bis es die Sportjournalistinnen aus der Moderatorinnen-Rolle auf die Bühne der Deutungshoheiten geschafft haben werden. Noch treffen die Frage-Frauen auf die Experten-Männer.

Katrin Müller-Hohenstein kapitalisierte die gewonnene Sicherheit als neues, freilich abgewogenes Risiko. Die 43-Jährige tauscht zuweilen die Jeans gegen den kurzen Rock ein, mittlerweile tauchen da und dort körperbetonte Posing-Fotos auf. Zur Moderation des „Sportstudios“ ist – beispielsweise – die Präsentation der Gala „Sportler des Jahres“ gekommen, beim Großereignis der Fußball-EM arbeitete sie als Reporterin, bei den gerade angefangenen Olympischen Spielen in Peking präsentiert sie im Doppelpass mit Kerner an den ZDF-Tagen die „Olympia Highlights“. Wieder ein Schritt in eine größere Öffentlichkeit, in ein helleres Scheinwerferlicht.

Diese Möglichkeiten, die das Fernsehen ihr bietet, gefallen der gebürtigen Erlangerin (Lieblingsclub: 1. FC Nürnberg) offensichtlich gut. Während sie für Antenne Bayern eine Schanze in Oberstdorf heruntergesprungen ist, darf sie fürs ZDF moderierend am Mast eines Seglers hängen wie beim „America’s Cup“. Für den Sender zwängt sie sich am Vorabend den EM-Finales Deutschland gegen Spanien merkwürdig volksnah in ein schwarz-rot-goldenes Dirndl, ein Kleidungsstück, über das sie sagt: „Zu enge Korsagen, da muss man so lange die Luft anhalten.“ Die Ausweitung der ZDF-Zone hat die Mutter eines Sohnes vom Radio Abschied nehmen lassen. 2007 ging die Hörfunkjournalistin, ausgebildet bei Radio Gong Nürnberg, nach 15 Jahren von der Antenne Bayern weg, war dann noch ein Jahr bei der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz Bayern 1. Jetzt heißt der alleinige Arbeitgeber ZDF. Wie sehr sie mit diesem Medium vertraut zu sein scheint, zeigt ihre Nebentätigkeit. An der TU München doziert Katrin Müller-Hohenstein über „Sport im TV“. Für allfällige Beispiele kann sie sich mittlerweile selber zitieren.

„Olympia Highlights“, 20 Uhr 15, ZDF.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false