zum Hauptinhalt

Sport: Hohe Sprünge, einbeinig

Manche Menschen sind am Heiligabend noch hektisch auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken. Andere lassen es besinnlicher angehen und schmücken den Baum.

Manche Menschen sind am Heiligabend noch hektisch auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken. Andere lassen es besinnlicher angehen und schmücken den Baum. Wieder andere lassen sich von Professor Milivoje Karalejic trietzen. Zu dieser Gruppe gehört Mithat Demirel. Des Basketballers Weihnachtsprogramm: Schnelligkeits- und Ausdauertraining in der Max-Schmeling-Halle, gemeinsam mit seinem Kollegen Marko Pesic. Beobachtet vom Professor aus Belgrad, seines Zeichens Konditionstrainer bei Alba Berlin.

Grund für die freiwillige Zusatzschicht: Demirel will endlich wieder hohe Sprünge machen. 1,80 Meter ist er groß, äh klein, aus Basketballer-Sicht ein Winzling. Um überhaupt eine Chance zu haben, an den zwanzig bis dreißig Zentimeter längeren Gegnern vorbeizukommen oder den Ball über nicht endend wollende Arme in den Korb zu werfen, muss er springen, und zwar hoch. Doch nach einer Meniskusoperation im Oktober und Patellasehnenreizungen in beiden Knien fiel er wochenlang aus. Erst im Dezember gegen Maccabi Tel Aviv durfte er für ein paar Minuten aufs Feld. Ganz fit ist er vor der Partie gegen Efes Pilsen Istanbul (Mittwoch, 20 Uhr, Schmeling-Halle) immer noch nicht, "einbeinig zu springen ist schwierig, und der erste Schritt ist noch nicht so wie früher", sagt der 23-jährige Nationalspieler, "aber das intensive Trainig in den letzten zwei Wochen hat mir sehr geholfen."

Mit der Verletzung zieht er seit Jahren herum, meist war es problemlos - bis zur Europameisterschaft in der Türkei, woher seine Eltern vor 30 Jahren nach Deutschland kamen. Die Halle in Antalya hatte einen Betonboden mit einer dünnen Parkettschicht darüber, "das war tödlich für mein Knie". Er konnte kaum mehr in die Knie gehen oder springen. Schneller als die unbeweglicheren Großen, wie sonst, war er auch nicht. Er konnte nur denken und lenken. Die Schmerzen betäubte er mit Tabletten - und war froh, dass neben ihm Dirk Nowitzki stand, der die nötigen Punkte machte und Deutschland auf Platz vier führte.

Die EM hielt Demirel durch, irgendwie. Danach ging gar nichts mehr, eine Operation war unumgänglich. Wochenlang saß er auf der Bank oder Tribüne und musste mit ansehen, wie seine Kollegen in der Bundesliga bis auf Platz fünf abrutschten. "Ich konnte gar nichts tun, nicht einmal schlecht spielen", sagt er bedauernd. Die Untätgkeit nervte. Doch inzwischen hat er gelernt geduldig zu sein, weil nur völlige Fitness ihn weiterbringt.

Dabei ist Geduld seine Sache sonst nicht. Er kommt von TuS Lichterfelde und gehörte bereits zu Albas Kader, als er 1999 in die Türkei zu Oyak Bursa ging. Beim Deutschen Meister wäre er langsam aufgebaut worden, doch er wollte sofort spielen, und zwar viel. "Ein paar Minuten bringen als Aufbauspieler nichts", sagt Demirel. In Bursa bekam er viel Spielzeit, bis ein neuer Trainer kam, der ihn auf die Flügelposition stellte. Der Berliner sah keine Perspektive mehr. Nach nur einem halben Jahr wechselte er nach Weißenfels, ehe Alba ihn zu Saisonbeginn zurückholte. Derrick Phelps ist die Nummer eins auf der Spielmacherposition, doch in welcher Form er nach einer Polypenoperation ist, bleibt abzuwarten. "Ich bin noch nicht so weit, dass ich Ansprüche stelle", sagt Demirel lachend. Die Betonung liegt auf "noch".

Helen Ruwald

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false