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Sport: Hertha BSC: Fünf Tabletten für den Verein

So engagiert hatten die Mitglieder ihren einstigen Präsidenten noch nicht erlebt. Mit hochrotem Kopf trat Manfred Zemaitat vors Mikrofon, wies den verdutzten Versammlungsleiter Günter Herzog auf Ungereimtheiten hin, forderte eine schriftliche Abstimmung und drohte mit dem Gang vors Arbeitsgericht.

So engagiert hatten die Mitglieder ihren einstigen Präsidenten noch nicht erlebt. Mit hochrotem Kopf trat Manfred Zemaitat vors Mikrofon, wies den verdutzten Versammlungsleiter Günter Herzog auf Ungereimtheiten hin, forderte eine schriftliche Abstimmung und drohte mit dem Gang vors Arbeitsgericht. "Ich fühlte mich veräppelt", sagte der Jurist. Die Mitgliederversammlung von Hertha BSC stand am Sonntag kurz vor dem Eklat. Die zahlenmäßige Besetzung des Beteiligungsausschusses bei der vorgesehenen und letzlich auch verabschiedeten Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft hatte die Gemüter arg erregt.

Wenn auch die meisten Mitglieder kaum verstanden haben dürften, was so eine Kommanditgesellschaft für den Verein und sie selbst bedeutet - in der Frage der Besetzung des Ausschusses kannten sie kein Pardon, machten das gewissermaßen zur Herzenssache. Erbittert wurde für das Anliegen gekämpft, bis das Ziel erreicht war: Die einfachen Mitglieder entsenden künftig fünf statt der vorgesehenen drei in dieses zentrale Organ. Ingo Schiller, als Geschäftsführer Mitglied des Präsidiums, kam das Ganze "sehr unwirklich vor. So, als ob mir der Arzt drei Tabletten verschreibt, ich aber fünf nehme, weil ich mir davon mehr Wirkung verspreche." Schiller befürchtet nun eine "schlechtere Handhabung" des Gremiums.

Dabei sollte es ihm eigentlich egal sein. Als hauptamtliches Präsidiumsmitglied kommt er (wie Manager Dieter Hoeneß) nicht für den Beteiligungsausschuss infrage. Dort sitzen nur ehrenamtliche Mitglieder. Das sind derzeit Präsident Bernd Schiphorst und sein Stellvertreter Jörg Thomas. Sollten Schiller und Hoeneß, wie vermutet wird, Geschäftsführer der GmbH werden, müsste das Präsidium aufgestockt werden. Nach der Satzung muss es nämlich aus drei bis fünf Mitgliedern bestehen. Dass um die Besetzung des Beteiligungsausschusses, sozusagen die Klammer zwischen Verein und Kapitalgesellschaft, stundenlang so zäh gerungen wurde, kommt nicht von ungefähr. Schließlich beruft und kontrolliert dieses Gremium künftig die GmbH und setzt die Geschäftsführer ein. Nach den rechtlichen Vorgaben muss der Ausschuss mindestens einmal im Jahr einberufen werden, den Geschäftsbericht vorlegen und über die Gewinn- und Verlustrechnung beraten.

Walter Müller, von Schiphorst als Präsident abgelöst, hatte sich für eine ursprünglich nicht vorgesehene Beteiligung der einfachen Mitglieder an diesem Ausschuss stark gemacht. Während er selbst am 15. August den Antrag stellte, dass drei Vereinsmitglieder in das Gremium berufen werden, wollten Präsidium und Aufsichtsrat diese außen vor lassen. Die früheren Präsidiumsmitglieder Holst, Striek und Herzog sowie andere Mitglieder der Vereinsgremien kämpften im Sinne Müllers und waren erfolgreich. Dass die Zahl am Sonntag nun auf fünf aufgestockt wurde, feierte die Mitgliedschaft wie einen Sieg.

Für das Präsidium also eine Niederlage? Schiller: "Quatsch. Da gab es keine Sieger und keine Besiegte." Zumindest aber Enttäuschte. Wie meinte doch Schiphorst: "Je größer das Gremium, desto länger die Entscheidungswege." Für die Mitglieder war es jedenfalls keine Erbsenzählerei.

Klaus Rocca

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