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Servus, Erich. Fritz von Thurn und Taxis (links) mit Erich Kühnhackl.

© imago images/Krieger

Fritz von Thurn und Taxis im Interview: „Den Videobeweis im Eishockey gab es schon, als der Fußball noch nicht wusste, was das ist“

Die Reporterlegende kommentierte das allererste Spiel der Deutschen Eishockey-Liga. Zu Beginn der 30. Saison der erinnert er sich an mürrische Trainer und stickige Hallen.

Fritz von Thurn und Taxis, Sie hatten in der Saison 1994/1995 die Ehre, das erste Spiel der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) überhaupt zu kommentieren. Was sind Ihre Erinnerungen daran?
Ja, das war das Spiel Augsburger EV gegen Maddogs München. Ich weiß noch, wie wir als übertragender Sender Premiere das Spiel prominent auf Donnerstag gesetzt hatten und Hans Zach als Co-Kommentator gewinnen konnten. Und dann wurde auch noch Bobby Hull, eine Eishockey-Legende aus Nordamerika eingeflogen, der hatte ja alles gewonnen und sollte dann das Eröffnungsbully machen.

So ganz schien der Hull nicht im Bilde zu sein, er kannte die Namen der beiden Teams auf dem Eis offensichtlich nicht. Im Pauseninterview sagte er, die Mannschaft in Weiß-Rot solle ihren Torwart nicht so allein lassen...
Ja, das war lustig. Der Hull hatte zu viel Bier getrunken, vorher im Vip-Raum, er kam über einen Teppich aufs Eis zum Bully und wankte und schwankte. Der Hans Zach fragte mich: „Was ist denn mit dem los?“ Der Hull war eben betrunken, schlichtweg.

Auch die neue Liga war am Anfang ein wenig wacklig, die Maddogs aus München waren bald pleite.
Ja, im Dezember mussten die aufgeben, das war natürlich ein herber Rückschlag für die neue Liga, so etwas sollte ja vermieden werden. Es war die erste Sportart in Deutschland, die so einen Weg gegangen ist, mit einer Liga, in der die Klubs als GmbHs die Gesellschafter sind. Eishockey war da weit vorn, der Fußball hat das erst in diesem Jahrhundert kapiert und die DFL gegründet. Aber im Eishockey war es schwierig mit der Finanzierung, es wurde dann über die Jahrzehnte immer professioneller. Mit den neuen großen Hallen hat sich ganz viel verändert.

Nur zum Guten, oder vermissen Sie etwas aus der alten Zeit?
In den kleineren, dichten Hallen dampfte es, da war eine wahnsinnige Stimmung. Heute ist das bei den Spielen mehr Unterhaltungsindustrie mit Komfort und viel lauter Musik, aber es musste wohl so kommen. Die Hallen sind jetzt fürs Eishockey viel geeigneter als früher. Wenn man das heute sieht, steht das auf anderen Füßen. Da muss man auch den Gernot Tripcke nennen, der hat das schon sehr gut gemacht.

Gernot Tripcke ist seit dem Jahr 2000 Geschäftsführer der DEL…
Ja, wenn ich jetzt überlege, dass die Telekom und Penny da drin sind und die Liga sponsern, ist das schon enorm. Wir haben damals bei Premiere erst ein und dann zwei Spiele pro Woche live gezeigt.

Inzwischen wird jedes Spiel live bei einem großen Streamingportal übertragen, an so einen Luxus war zu Beginn der DEL-Zeit nicht zu denken, oder?
Nein, aber wir haben die Produktion damals neu aufgestellt. Wir haben Eishockey wirklich salonfähig gemacht, weil die Leute erstmal gesehen haben, was in diesem Sport passiert. Wir haben zehn oder zwölf Kameras gehabt pro Spiel. Das war davor undenkbar, die Leute haben ja vorher nichts gesehen. Wenn regional etwas gezeigt wurde im Fernsehen, gab es vielleicht ein zwei Kameras, das war schon eine andere Dimension.

Und Sie haben bei den gesendeten Spielen geholfen, den Videobeweis einzuführen. Wie lief das?
Wir haben schon den Fernsehbeweis den Schiedsrichtern zur Verfügung gestellt, als sie im Fußball noch nicht wussten, wie man das buchstabiert. Wir konnten machen, was wir wollten. 1991 ging Premiere auf Sendung. 1992 bekam der Sender die Rechte für ein Spiel, auch in der Fußball-Bundesliga, bis 1996 hatten wir die Rechte verloren, weil Leo Kirch sein eigenes Pay-TV gemacht. Der Bernd Schäfer III hat damals einen wahnsinnigen Fernsehvertrag gemacht, über 27 Millionen Mark, glaube ich, der Tripcke verdreht heute noch die Augen, wenn er das hört. Weil genug finanzielle Potenz da war, hat man vieles realisieren können. Wir waren in den Spielerkabinen drin, fast überall. Nur ein Trainer wollte das nicht.

Ach dieses Premiere!

Hans Zach, damals Trainer in der DEL wollte die Fernsehteams nicht in die Kabine lassen

Mal ganz forsch geraten: War das vielleicht der Zach Hans?
Da gab es eine Auseinandersetzung mit dem Hans Zach. Das war ihm zu viel. „Ach, dieses Premiere“ hat er immer geschrien. Er war halt mürrisch, aber auf Hans Zach will ich nichts kommen lassen, er hat ja unheimlich viel getan fürs Eishockey. Aber Unterhaltung war uns wichtig: Ich erinnere mich an den Bernie Johnston, ein kanadischer Trainer aus Landshut. Als der kein Spielglück hatte, da haben wir ihm ein Glücksschwein auf den Tisch gestellt im Studio. Das hat er dann ohne Vorwarnung in tausend Stücke gehauen. Alles live. Und dann hat Landshut gewonnen.

Nun geht die Liga in ihre 30. Saison. Wo siedeln Sie das deutsche Eishockey an, wenn Sie es mit dem Stand der Premierensaison vergleichen?
In den Achtzigern hatten wir eine gute Nationalmannschaft unter Xaver Unsinn, aber da hatten wir vielleicht 15 Spieler auf einem starken Niveau. Heute sind es 40 oder 45 – das hat man ja gesehen bei der letzten WM, wie gut die Deutschen waren. Trotz der vielen Absagen sind die fast Weltmeister geworden. Die Basis ist heute viel gesünder als damals, die DEL ist schon eine spannende Liga geworden.

Trotzdem hat sich in der öffentlichen Wahrnehmung wenig getan, gefühlt ist der Fußball heute größer und erdrückender für die anderen Sportarten als früher. Als Sie noch von Eishockey-Weltmeisterschaften berichtet haben, lief das in der ARD.
Ja, du musst öffentlich-rechtlich laufen, um die breite Masse zu erreichen. Fußball ist immer die erste Geige. Die Erfolge im Eishockey und Basketball sind schon sehr beeindruckend. Aber du musst auch was draus machen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ich war dabei, als die Basketballer 1993 Europameister wurden. Und bei der Siegesfeier habe ich den Leuten vom Verband gesagt, da war ich mal ganz ehrlich, wie der Hans Zach: „So wie ich euch kenne, werdet ihr da nichts draus machen.“ Und die haben nichts draus gemacht. Ich hoffe, dass das diesmal anders wird. Sowohl im Basketball auch im Eishockey.

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