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Jeremy Dudziak (rechts) könnte bald mit Lucas Tousart gemeinsam für Hertha auflaufen - wenn der Franzose in Berlin bleibt.

© imago images/Eibner

Das ist Jeremy Dudziak, der Neue von Hertha BSC: Ein Verteidiger mit Drang in die Offensive

Hertha BSC hat eine der größten Leerstellen im Kader gefüllt. Mit Jeremy Dudziak hat Trainer Pal Dardai jetzt jemanden, der schon mal als linker Außenverteidiger gespielt hat.

Anfang dieser Woche hat Hertha BSC das Ende einer kleinen Ära mehr oder weniger in einem Nebensatz verkündet. In einem Text auf der vereinseigenen Homepage zum Start der Saisonvorbereitung war auch die Information versteckt, dass der Vertrag von Marvin Plattenhardt zum 30. Juni auslaufe. Damit war die Sache erledigt.

Neun Jahre hat Plattenhardt für Hertha BSC in der Fußball-Bundesliga gespielt. In Berlin ist er Nationalspieler geworden, und in seinem letzten Vertragsjahr war der Linksverteidiger sogar Kapitän der Mannschaft. Selbst wenn die Saison für die Berliner mit dem Abstieg alles andere als erfreulich ausgegangen ist und viele Fans auch von Plattenhardts Leistung nicht allzu erbaut waren: Der Abschied ohne ein Wort des Dankes ist nicht überall gut angekommen.

Eine Hintertür für Marvin Plattenhardt

Vielleicht aber tut man Hertha in diesem Fall unrecht. Vielleicht ist es noch gar kein Abschied für alle Zeit. Einen neuen Arbeitgeber hat Plattenhardt, 31, bisher nicht gefunden, und eine Rückkehr zu Hertha ist zumindest nicht vollkommen ausgeschlossen. Benjamin Weber, der Sportdirektor des Klubs, hat mit Plattenhardt und seinem Berater schon vor Wochen vereinbart, dass man für den Fall der Fälle in Kontakt bleibe.

Bedarf an einem linken Außenverteidiger besteht bei Hertha weiterhin, auch wenn sich die Situation seit Freitag ein wenig entspannt hat. Da hat der Berliner Zweitligist den 27 Jahre alten Jeremy Dudziak vom Ligakonkurrenten Greuther Fürth verpflichtet, der laut Sportdirektor Weber zwar auf vielen Positionen spielen kann, aber definitiv für hinten links in der Viererkette eingeplant ist. „Ich bin froh, dass ich jetzt einen Linksverteidiger habe“, sagte Trainer Pal Dardai am Samstag nach dem Training.

Er hat Qualität im Offensivspiel, ein gutes Auge und ist technisch stark.

Rainer Widmayer, früherer Co-Trainer von Hertha BSC, über Jeremy Dudziak

Da war Dudziak noch nicht mit auf dem Platz gewesen. Er wird auch am Sonntag, im ersten Testspiel beim Oberligisten Eintracht Stahnsdorf (16 Uhr), nicht dabei sein, sondern in den nächsten Tagen erst einmal individuell trainieren. „Er ist grundsätzlich fit“, sagt Sportdirektor Weber über den Neuzugang, der seit Januar von Fürth an den türkischen Erstligisten Hatayspor ausgeliehen war. „Aber er hat eine nicht ganz einfache Zeit hinter sich.“

Dudziaks vorheriger Klub ist in der Stadt Antakya beheimatet, die Anfang Februar bei dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien beinahe komplett zerstört wurde. Hatayspor zog sich nach der Katastrophe aus der Süperlig zurück, sodass Herthas Neuzugang seit knapp einem halben Jahr ohne Spielpraxis ist.

Bei den Berlinern erhält Dudziak einen Einjahresvertrag und die Chance, seine zuletzt ins Stocken geratene Karriere wieder in Gang zu bringen. Der gebürtige Hamburger ist in der Jugend von Borussia Dortmund ausgebildet worden. Er hat unter Jürgen Klopp im März 2015 sein erstes von 25 Bundesligaspielen bestritten, war mit Deutschlands U-19-Nationalmannschaft 2014 Europameister, ist einmal für Tunesiens A-Nationalmannschaft aufgelaufen und kann auf die Erfahrung von 156 Zweitligaspielen für St. Pauli, den HSV und Greuther Fürth zurückblicken.

„Ein guter Junge, ein guter Fußballer“, sagt Herthas Teammanager Sami Allagui, der mit Dudziak beim FC St. Pauli zusammengespielt hat und ihn damals, am Anfang seiner Profikarriere, als linken Außenverteidiger erlebt hat. „Die beste Option, die es aktuell gibt“, sagt Allagui über die Verpflichtung seines früheren Teamkollegen.

Man kennt sich. Mit Sami Allagui, Herthas Teammanager, hat Dudziak (l.) beim FC St. Pauli zusammengespielt.

© imago/Oliver Ruhnke

Seit der gemeinsamen Zeit in Hamburg aber hat es Jeremy Dudziak von hinten links immer weiter in die Offensive verschlagen. Er hat oft auf der Zehn gespielt, auch auf den offensiven Außenbahnen, sowohl links wie rechts. „Er hat Qualität im Offensivspiel, ein gutes Auge und ist technisch stark“, sagt Rainer Widmayer, früher Co-Trainer von Pal Dardai bei Hertha und heute in gleicher Funktion bei Greuther Fürth tätig.

Im letzten Spiel für die Spielvereinigung vor der WM-Pause lief Dudziak nach seiner Einwechslung als rechter Schienenspieler vor einer Dreierkette auf. Das habe er gut gemacht, sagt Widmayer. Aber Außenverteidiger in einer Viererkette, das sei noch mal etwas anderes. Seinem früheren Chef Dardai traut Widmayer allerdings zu, dass er Dudziak auf die defensiven Anforderungen der neuen Rolle angemessen vorbereitet.

Entscheidend wird sein, ob sich Dudziak, der als eher introvertiert beschrieben wird, wirklich auf diese Position einlässt oder ob er nicht insgeheim von einer tragenden Rolle im Zentrum träumt. Die Aussage, dass er sich als Linksverteidiger nach wie vor am wohlsten fühle, wie es in einer Pressemitteilung von Hertha heißt, darf man zumindest in Zweifel ziehen.

Dass Dudziak spielstark ist, spielintelligent und offensiv ausgerichtet, muss allerdings auch für die Position des Außenverteidigers kein Nachteil sein. Im konkreten Fall schon mal gar nicht.

In der Zweiten Liga wird Hertha als Absteiger aus der Bundesliga und als Traditionsverein mit großem Namen in vielen Spielen fast zwangsläufig die Favoritenrolle zufallen. Viele Gegner werden sich weit zurückziehen und die Berliner erst mal machen lassen. „Wir werden in der Zweiten Liga auch spielerische Lösungen brauchen“, sagt Herthas Sportdirektor Weber. „Da passt das Profil von Jeremy Dudziak.“

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