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Sport: "Das bedeutet für mich überhaupt keinen Konflikt"

TAGESSPIEGEL: Herr Dogan, fürchten Sie, von Ihren Landsleuten gnadenlos ausgepfiffen zu werden, sollten Sie in Bursa eingewechselt werden?MUSTAFA DOGAN: Nein.

TAGESSPIEGEL: Herr Dogan, fürchten Sie, von Ihren Landsleuten gnadenlos ausgepfiffen zu werden, sollten Sie in Bursa eingewechselt werden?

MUSTAFA DOGAN: Nein.In der Türkei weiß man nicht erst seit heute, daß ich für Deutschland spiele.Ich bin jetzt das dritte Jahr Profi in der Türkei und bin in dieser Zeit ständig zu den Spielen der U 21 nach Deutschland geflogen.19mal habe ich für die DFB-Juniorenauswahl gespielt.

TAGESSPIEGEL: Aber nun spielen Sie eventuell in der Nationalmannschaft in Ihrem Heimatland gegen Ihr Heimatland.

DOGAN: Natürlich ist dieses Spiel in der Türkei für mich etwas ganz Besonderes, weil es das Land meiner Herkunft ist und ich obendrein hier mein Geld verdiene.Es gibt auch unterschiedliche Meinungen in der Türkei.Die einen sind sehr stolz auf mich, weil ich den Sprung in den Kader des dreimaligen Weltmeisters geschafft habe.Andere wiederum finden es nicht gut, daß ich für Deutschland und nicht für die Türkei spiele.

TAGESSPIEGEL: Macht Ihnen dieser Konflikt zu schaffen?

DOGAN: Das ist für mich überhaupt kein Konflikt.Ich sehe das ganz professionell: Ich habe international immer für Deutschland gespielt, über vierzigmal, bin in Deutschland nach meinem zweiten Lebensjahr aufgewachsen.Meine Familie lebt noch immer in Duisburg.Ich besitze beide Staatsangehörigkeiten.Wenn ich also für Deutschland gegen die Türkei spielen sollte, hätte ich damit überhaupt keine Probleme.

TAGESSPIEGEL: Haben Sie schon mal überlegt, lieber für die Türkei zu spielen?

DOGAN: Diese Frage hat sich mir nie gestellt.Ich bin im deutschen Fußball groß und 1992 eingebürgert worden.Als ich danach in die deutschen Jugend-Nationalmannschaften berufen wurde, schon recht früh für die U 18, war das für mich eine ganz normale Entwicklung.Und ich bin froh, daß es so gekommen ist.

TAGESSPIEGEL: Wäre es Ihnen angesichts Ihrer höchst außergewöhnlichen Situation vielleicht lieber, erst am nächsten Mittwoch in Moldawien zu Ihrem Debüt zu kommen?

DOGAN: An so etwas denke ich nicht.Mir ist es egal, ob ich mein erstes Länderspiel in der Türkei oder in einem anderen Land bestreite.Ich bin erst einmal froh, daß ich überhaupt erneut dabei bin.Berti Vogts hatte mich ja schon nach Malta mitgenommen.Ich kann mir nicht vorstellen, daß im Stadion groß Stimmung gegen mich gemacht wird.Ich denke, meine Landsleute werden mich respektieren und auch akzeptieren.

TAGESSPIEGEL: Warum sind Sie nicht in der Bundesliga geblieben? Heimweh?

DOGAN: Ich kannte die Türkei nur vom Urlaub und wußte nicht, wo ich hinkomme.Daß ich mit zwanzig Jahren in die türkische Liga wechseln würde, hätte ich mir nie träumen lassen.Aber dann sind wir mit Uerdingen abgestiegen.Ich wollte nicht in der Zweiten Liga spielen, hatte aber noch für drei Jahre einen Vertrag.In der Bundesliga gab es zwar Interessenten, aber denen war ich zu teuer.Da haben die Türken die drei Millionen Ablöse gezahlt.Ich habe es nie bereut, für Fenerbahce zu spielen und habe meinen Vertrag um zwei Jahre verlängert.

TAGESSPIEGEL: Können Sie sich vorstellen, wieder in der Bundesliga zu spielen?

DOGAN: Mit Sicherheit.Wenn mein Vertrag ausläuft, bin ich erst 24.

TAGESSPIEGEL: Was ist so besonders für die Türken am Spielort Bursa?

DOGAN: Aberglaube.Seit die Türkei hier Holland 1:0 besiegte, glaubt man, auch gegen Deutschland Glück zu haben und zu siegen.Ich habe zweimal in Bursa gespielt.Das ist ein recht kleines Stadion.Die Fans in Bursa sind besonders euphorisch und sorgen für viel Stimmung.

TAGESSPIEGEL: Wie schätzen Sie die türkische Nationalmannschaft ein?

DOGAN: Individuell sind alle sehr gute Spieler, die ohne weiteres auch in europäischen Spitzenteams spielen könnten.Die Türken sind auch viel selbstbewußter als früher.Sie sind als Mannschaft aber nicht so kompakt wie die deutsche.Das müssen wir ausnutzen.Sie rechnen mit einem Sieg.Sie sind als Mannschaft aber nicht so kompakt wie die deutsche.

TAGESSPIEGEL: Im türkischen Kader stehen drei Klubkameraden von Fenerbace.Wie haben Sie sich von denen verabschiedet?

DOGAN: Mit Tayfun Korkut habe ich verabredet, daß wir auf jeden Fall die Trikots tauschen, wenn ich dabeisein sollte.Korkut kommt auch aus Deutschland, hat bei den Stuttgarter Kickers gespielt, ist dann auch sehr früh in die Türkei gewechselt und mittlerweile in der Nationalmannschaft eine feste Größe.Zu den beiden anderen (Torwart Recber Rüstü und Akbas Saffet, die Red.) konnte ich ja nicht sagen: viel Glück.Ich habe nur gesagt: viel Erfolg, aber nicht gegen uns.

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