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Jupp Heynckes: Bayer Leverkusen: Siegen und reifen

Bayer Leverkusen entwickelt sich unter Trainer-Veteran Jupp Heynckes zum Spitzenteam in der Bundesliga.

Von Christian Otto

Die Versuchung, die Nase mal wieder ein wenig höher zu tragen, war recht groß. Doch René Adler, mit Bayer Leverkusen bei 13 Punkten aus fünf Spielen nahezu perfekt in die Bundesligasaison gestartet, steckt wie seine Mitspieler mitten in einer interessanten Reifeprüfung. Unter der Regie von Trainer Jupp Heynckes ist es der Mannschaft gelungen, ihren Makel als Schönspieler-Auswahl ohne Konstanz und das nötige Durchhaltevermögen endlich abzulegen. „Wir sind gefestigter und gereifter. Aber wir sind noch keine Spitzenmannschaft“, sagte Nationaltorhüter Adler nach dem 3:2 beim Meister VfL Wolfsburg. Der Sieg war nach einer 3:0-Führung verdient, am Ende aber noch gefährdet. Heynckes sprach erleichtert davon, dass sein Team ein äußerst turbulentes Fußballspiel „professionell über die Bühne gebracht hat“.

Sie kennen die Vorwürfe zur Genüge. Elegant spielen, in Schönheit sterbend verlieren und hinterher auch noch lamentieren – was die Profis von Bayer Leverkusen lange Zeit begleitet hat, ist nicht mehr in Sicht. „Wir wollen uns alle weiterentwickeln, schließlich waren wir nach der vergangenen Saison nur Neunter“, sagte Mannschaftskapitän Simon Rolfes voller Selbstvertrauen, ohne jedoch einer Selbstüberschätzung zu erliegen. Mit seinen Toren hatte er den Weg zum Erfolg geebnet, bevor Stefan Kießling auf 3:0 erhöhte.

Aber das spielerische Glanzstück der Leverkusener wurde auch durch eine Fehlentscheidung von Felix Brych eröffnet. Der Schiedsrichter hatte dem Wolfsburger Torhüter Diego Benaglio die Rote Karte gezeigt. Einen Ausflug des Schweizers aus dem Strafraum, bei dem er Stürmer Eren Derdiyok leicht berührt hatte, wertete Brych als eine Mischung aus rüdem Foulspiel und Notbremse. „Die Rote Karte hat es zu Unrecht gegeben“, fand sogar René Adler, der Mitleid mit seinem Kollegen hatte.

Was die Leverkusener bei ihrem Sieg über den Meister zeigten, sah ein wenig wie der Gegenentwurf zum Wolfsburger Spiel aus der vergangenen Saison aus. Leicht und unbeschwert nutzten sie ihre Rolle als Außenseiter im Titelkampf. Und sie behielten in einer äußerst hektischen Partie auch noch den Überblick, als VfL-Trainer Armin Veh den zunächst auf die Bank gesetzten Edin Dzeko als dritten Stürmer neben Grafite und Obafemi Martins einwechselte. Die vergebliche Aufholjagd der Wolfsburger, die nur bis zum Platzverweis für Eren Derdiyok (53. Minute) in Unterzahl gespielt hatten, brachte Leverkusens Trainer Heynckes mit Ermüdungserscheinungen seiner Mannschaft in Verbindung. Er schimpfte über die Länderspielpause und die vielen Ausflüge seiner Spieler. Aber das galt für die Wolfsburger genauso.

Und ein Leverkusener hatte sich ja bekanntlich ausruhen dürfen. Natürlich wurde Stefan Kießling gefragt, ob das schön herausgespielte Tor zum 3:0 eine Antwort auf seine Nicht-Nominierung für die deutsche Nationalmannschaft gewesen sei. Es wäre für ihn ein Leichtes gewesen, in diesem Augenblick gegen Bundestrainer Joachim Löw nachzutreten. Aber Kießling, und auch das gehört zum Leverkusener Reifeprozess, ließ die Steilvorlage einfach ins Leere laufen – und schwieg.

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