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Angelique Kerber freut sich, wieder Wettkampftennis spielen zu können.

© IMAGO/AAP

Angelique Kerber greift wieder an: „Ich habe noch immer das Feuer“

Mit fast 36 Jahren gibt die junge Mutter ihr Comeback. Bei den Australian Open wartet gleich zum Auftakt eine harte Hürde, doch für Kerber geht es es nicht allein um Siege auf dem Tennisplatz.

Angelique Kerber hat in den vergangenen Monaten immer gebremst. Wenn sie danach gefragt wurde, was sie selbst nach anderthalb Jahren Baby-Pause von sich bei ihrem Comeback auf der internationalen Tennisbühne erwartet, klang das immer in etwa so wie in diesem Interview, das der Deutsche Tennis-Bund (DTB) kürzlich verbreitete: „Klar ist, dass ich einen hohen Anspruch an mich selbst habe, wenn ich auf den Platz gehe. Klar ist aber auch, dass ich mir Zeit geben muss.“

Fast 36 Jahre alt ist Kerber inzwischen. Schon bevor sie Mutter wurde, gehörte sie nicht mehr zur absoluten Weltspitze. Letztmals hatte sie 2018 eine Saison unter den Top Ten der Weltrangliste beendet, in jenem Jahr also, in dem sie mit dem Sieg in Wimbledon ihren größten Erfolg feiern konnte. Danach folgten „nur“ noch zwei Titel bei kleinen WTA-Veranstaltungen, wirklich gefürchtet wurde sie zuletzt einzig auf ihrem Lieblingsbelag Rasen.

Warum sie es trotzdem noch einmal wissen will und sich monatelang geschunden hat, um wieder konkurrenzfähig zu werden? „Es übt auf mich weiterhin einen enormen Reiz aus, gegen die besten Spielerinnen anzutreten, alles zu geben, mein Herz auf dem Platz zu lassen, aber auch diese besonderen Emotionen im Stadion zu erleben und mit den Fans zu teilen“, sagte sie dazu dem DTB.

Beim United Cup, dem neuen Mannschaftswettbewerb für Frauen und Männer, hatte Kerber dazu im neuen Jahr bereits reichlich Gelegenheit. Fünf Einzel und zwei Mixed an der Seite von Alexander Zverev spielte sie in Sydney. Die Bilanz war – vorsichtig ausgedrückt – durchwachsen. Oder eben auch: wie erwartet. Kerber gewann nur ein Einzel, verlor alle ihre Matches gegen Top-30-Spielerinnen. Am Ende fehlte der Deutschen auch ein bisschen die Kraft, Laura Siegemund ersetzte sie im Mixed. Und das mit Erfolg: Deutschland gewann am Ende den Titel.

219.000 US-Dollar bescherte Kerber das, so hat es das „Tennismagazin“ errechnet. Ein ordentliches Startgeld zum Comeback für die gebürtige Bremerin, und auch, wenn die persönliche Leistungsanalyse nicht ganz so optimistisch ausfiel, lässt sich aus dem Erfolg mit dem Team auch Selbstvertrauen schöpfen: „Ich habe viel aus den Matches mitgenommen, aber jetzt fängt alles wieder bei null an und man muss sich wieder reinkämpfen, seinen Rhythmus finden“, sagte sie vor ihrem Melbourne-Auftritt.

Kerber mit Alexander Zverev. Gemeinsam gewannen sie zuletzt den United Cup.
Kerber mit Alexander Zverev. Gemeinsam gewannen sie zuletzt den United Cup.

© IMAGO/AAP

Gerade in Australien hat Kerber in der Vergangenheit schon häufiger Großes erlebt. 2016 gewann sie in Melbourne ihren ersten Grand-Slam-Titel, schon allein deshalb war die Wahl des Landes down under für ihr Comeback aus ihrer Sicht nur logisch. Damals wie heute an ihrer Seite ist Torben Beltz, der sie auch zur Nummer eins machte. Dass sie es noch einmal so weit schafft, davon gehen im Moment nicht einmal die kühnsten Optimisten aus.

Die Australian Open dürften für sie ein kurzes Gastspiel werden. Die Auslosung hat es für Kerber nicht gut gemeint. In Runde eins wartet in der Nacht auf Dienstag mit Danielle Collins eine US-Amerikanerin, die vor zwei Jahren noch im Finale von Melbourne stand. Bei einem Erfolg droht in Runde zwei Iga Swiatek, beim ersten Grand Slam des Jahres an Nummer eins gesetzt und beste Spielerin der jüngeren Vergangenheit im Frauentennis. Beim United Cup durfte Kerber schon einmal Erfahrungen gegen die Polin sammeln, beim 3:6 und 0:6 war sie komplett chancenlos.

657
Weltranglistenplatz von Angelique Kerber im Moment

Sportlerinnen und Sportler werden an Erfolgen gemessen und sie messen sich auch selbst daran. Die Tennis-Tour kann frustrierend sein, wenn sich Niederlage an Niederlage reiht. Immerhin muss sich Angelique Kerber nicht durch Qualifikationen kämpfen, für sie gilt ein „protected ranking“, das ihr Starts auch bei großen Turnieren ermöglicht. Offiziell ist sie nur noch die Nummer 657 der Welt.

Glaubt man ihr, gibt es aber Wichtigeres für sie. Ihre Tochter Liana, die in Australien mit dabei ist, zum Beispiel. Dadurch seien neue Erfahrungen und Herausforderungen für sie hinzugekommen, berichtete sie dem DTB – „gerade auch mit Blick auf diese Saison und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie“. Dass sie immer noch verbissen um jeden Punkt kämpft, war schon beim United Cup zu sehen.

Womöglich nehmen sie Niederlagen nun aber weniger stark mit, Liana dürfte ihr Trost genug spenden. Und ist es nicht schön, wenn nach einer großen Karriere mit vielen Erfolgen am Ende der Spaß am Sport im Mittelpunkt steht? Für Angelique Kerber ist die Antwort klar: „Die Liebe zum Tennis war schon immer mein Ansporn, meine Motivation.“ Oder wie sie es in Melbourne formulierte: „Ich habe noch immer das Feuer.“ Zumindest in dieser Hinsicht will sie sich nicht bremsen lassen.

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