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Geschafft. Sebastian Herges fiel durchaus auf mit seiner Kostümierung und wurde dafür auch belohnt im Ziel.

© imago/Nordphoto / IMAGO/Juergen Engler

Als Goldstück unterwegs: Ein Lauf für die gute Sache

Beim Neujahrslauf des SCC war ein Neuköllner mit einem Anliegen auf der Strecke unterwegs. Sebastian Herges würdigte das Ehrenamt - und gewann im Ziel auch den Preis für die beste Verkleidung.

Während ein großer Teil der Berliner sich am Neujahrstag wohl noch mit dem eigenen Kater beschäftigt hat und auf den Bürgersteigen von Buch bis Spandau die Reste der heftigen Böllernacht zusammengefegt wurden, ging es in Mitte schon so richtig sportlich rund. Einmal vom Brandenburger Tor um den Berliner Dom herumgelaufen und zurück: Der Berliner Neujahrslauf, ausgerichtet von SCC-Running, ist inzwischen eine feste Institution in der Stadt. Und diesmal war es ein ganz besonderer Lauf, denn am Sonntag fand er bereits zum 50. Mal statt.

Der Kultlauf ist mitunter eine recht bunte Angelegenheit und läuft für viele auch unter dem Signet „Pfannkuchenlauf.“ Doch nicht nur die Pfannkuchen am Ende für die Starter*innen im Ziel, auch das Verkleiden gehört für viele Läuferinnen und Läufer dazu.

Allerdings geht es dabei nicht allen nur ums Auffallen, was ja etwa beim Berliner Marathon inzwischen schon zu einer eigenen Disziplin geworden ist. Da gab und gibt es ja vom laufenden Brandenburger Tor bis zum Lauf mit Baumstamm alles. Sebastian Herges war am Sonntag auch in einem schrillen Kostüm unterwegs, doch ging es für den Neuköllner vor allem um eine gute Sache und daher lief er als Goldstück verkleidet. „Bei mir sah das Kostüm zwar spaßig aus, hatte aber einen ernsthaften Hintergrund“, sagt Heerges. Er wollte das Ehrenamt würdigen, also Menschen, die sich engagieren, wie er selbst. Seit Jahren ist er als „Bäume-Wässerer“ unterwegs, gießt die Bäume in seiner Umgebung, in der Hufeisensiedlung in Britz.

Erinnerungen an 1990. Horst Milde (re.) hielt eine bewegende Ansprache zur Geschichte des Laufs.

© imago/Nordphoto / IMAGO/Juergen Engler

„Ich wollte als selbst ehrenamtlich Tätiger alle anderen Ehrenamtlichen in diesem Jubiläumslauf mit meinem Lauf als Goldstück würdigen. Egal ob sie Lesepaten sind, sich um die Natur kümmern, sich bei der Freiwilligen Feuerwehr engagieren oder Flüchtlingshelfer sind – diese Menschen haben es verdient“, sagt Herges. „Es sollte mal sichtbar werden, wie wichtig das Ehrenamt ist. Und das gilt nicht nur für die vier Kilometer Laufstrecke, sondern für das gesamte Jahr.“  

Es sei doch so gewesen, dass die Pandemie das Ehrenamt auch für viele eingeschränkt habe in den vergangenen Jahren, sagt Herges. Treffen mit Gleichgesinnten seien nicht mehr in gewohntem Maße möglich gewesen, viel Engagement sei da auf der Strecke gebliben. Sebastian Herges selbst wässert schon seit 2008 die Bäume in seiner Umgebung, bisher immer noch als Einzelkämpfer. Vor knapp drei Jahren hat er nun die Facebook-Gieß-Gruppe „BerlinerBäumeWässerer“ initiiert, um seiner Aktion eine größere Plattform zu geben.

Das Thema Klimawandel geht uns schließlich an und da kann jeder helfen.

Sebastian Herges

Es gebe noch viele andere Gießgruppen in Berlin, da gibt es auch Austausch. „Das Thema Klimawandel geht uns schließlich an und da kann auch jeder helfen“, glaubt Herges. Seit einigen Jahren existiert in Berlin zudem mit „Gieß den Kiez“ eine Plattform zur Koordinierung der Bewässerung der Bäume in der Stadt.

Die Karte bildet fast alle Straßen- und Anlagenbäume Berlins mit wichtigen Informationen wie Wasserbedarf, Alter und Art der Bäume ab und lädt alle Bürgerinnen und Bürger ein, sich an der Bewässerung unseres gefährdeten Baumbestands zu beteiligen. Schließlich fällt seit Jahren zu wenig Wasser vom Himmel. Herges findet alle Aktionen zum Thema lobenswert. „Ich habe schon gewässert, da gab es „Gieß den Kiez“ noch gar nicht, sagt der 43 Jahre alte Mann, beruflich als Produktionshelfer in einer Inklusionsfirma tätig.

Fast 4000 Läuferinnen und Läufer nahmen am Sonntag beim Neujahrslauf teil

Zum fünften Mal ist Sebastian Herges am Sonntag beim Neujahrslauf an den Start gegangen, beim Halbmarathon läuft er auch mit. Berlin lief übrigens wie immer auch nicht nur ins neue Jahr hinein, sondern auch aus dem alten Jahr heraus: Der Berliner Silvesterlauf ist inzwischen auch ein Kult-Termin im Laufsport.

Dafür standen dem Nachwuchs und den größeren Läuferinnen und Läufern am 31. Dezember vier Strecken von Längen von 2,4 bis 10,6 Kilometer zur Verfügung. Los ging es wie in jedem Jahr am Mommsenstadion und von dort aus führte die Strecke in den Grunewald. Vorbei am Streckenhighlight – der ehemaligen Abhörstation der Alliierten auf dem Teufelsberg – bot sich ein wunderbarer Ausblick auf die Stadt – bevor dort dann später am Abend von vielen Menschen Silvester gefeiert wurde.

Der Spaß stand im Vordergrund. So war die Feiernacht zuvor für viele Teilnehmenden bald aus den Knochen geschüttelt.

© imago/Nordphoto / IMAGO/Juergen Engler

Am schnellsten im Ziel waren Jana Soethout vom Berliner Track Club und Janne Büttel über die 9,2 und 10,6 Kilometer langen Strecken. Soethout gewann in 33:52 Minuten, Büttel ins 33:47 Minuten. Und natürlich gab es auch beim Silvesterlauf wieder viele bunte Verkleidungen – da waren Pilzen, Einhörner, Weihnachtsbäume, Dinos und Clowns unterwegs.

Die Temperaturen waren alles andere als winterlich - die Teilnehmer kamen ganz schön ins Schwitzen

Manchem Läufer oder Läuferin dürfte es also richtig warm geworden sein. Denn die Temperaturen waren mit bis zu 18 Grad zum Jahresausklang ja nun alles anderes als winterlich – weil es am Sonntag dann auch noch so warm war, insofern war die Aktion von Sebastian Herges zum Thema Klimawandel sicher nicht fehl am Platz.

50
Der Berliner Silvesterlauf ist inzwischen auch ein Kult-Termin im Laufsport. Bereits zum 50. Mal fand er am Sonntag statt.

3879 Menschen gingen am Sonntag beim Event des SCC an den Start. Kurz vor Beginn des Jubiläums beim Neujahrslauf erinnerte Horst Milde an einen ganz besonderen Tag in der Geschichte der Veranstaltung. Am 1. Januar 1990 nämlich wurde erstmals durch den Ost- und durch den Westteil gelaufen. Am Brandenburger Tor stand die Mauer noch, sodass die Teilnehmer:innen nur durch zwei Durchbrüche laufen konnten“, sagte Horst Milde, Ikone der Berliner Laufbewegung und Begründer des Berlin-Marathons.

Beim Neujahrslauf geht es entspannt zu – eine Zeitmessung gibt es nicht

Die Runde war dann für viele Läuferinnen und Läufer eine eher enstpannte Geschichte. Denn auf der vier Kilometer langen Strecke gab es wie immer bei diesem Lauf keine Zeitmessung. Der Spaß an der Bewegung stand im Mittelpunkt. Und dann ging es ja für viele womöglich auch darum, den Feiermief aus den müden Knochen zu laufen. Sicherlich gesünder als das Konterbier am Morgen danach.

Ganz schön warm. Trotzdem waren am Sonntag viele Jacken zu sehen.

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All denen, denen das morgendliche Aufstehen am heutigen Tage schwerfiel, wurden spätestens im Ziel mit jeder Menge Glücksgefühle, Pfannkuchen und einer Jubiläums-Urkunde belohnt.

Die Resonanz, die Sebastian Herges für seinen Lauf als Goldstück bekam, war am Sonntag übrigens erstaunlich groß, wie der Mann aus Neukölln fand. Als er nach einer halben Stunde ins Ziel einlief, gab es ein „Blitzlichtgewitter“, wie er erzählt. Und wenig später konnte er mit vielen Menschen über sein Anliegen sprechen und posierte natürlich auch „ohne Ende für Fotos“.

Und die allerschönste Belohnung oder Würdigung gab es am Ende noch obendrauf: Sebastian Herges durfte auf ein ganz besonderes Siegertreppchen steigen, er wurde mit dem Ersten Platz für das beste Kostüm ausgezeichnet – diese Auszeichnung ist seit Jahren Usus beim Neujahrslauf.

- Mehr Informationen zu der Aktion von Sebastian Herges unter: Facebook: BerlinerBäumeWässerer und YouTube: BerlinerBäumeWässerer

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