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Johannes Thiemann spielt als einziger Profi der WM-Mannschaft für Alba.

© REUTERS/Piroschka Van De Wouw

Alba-Profi Thiemann über den WM-Erfolg: „Es ist einfach überwältigend“

Johannes Thiemann steht als einziger Profi der WM-Mannschaft bei Alba unter Vertrag. In einer Medienrunde spricht er unter anderem über den Turniersieg und die Schwierigkeiten, das zu verarbeiten.

Von Sven Fröhlich

Mit dem Motorroller durch Prenzlauer Berg, die WM-Goldmedaille in der Balenciaga-Bauchtasche. Auch wenn Johannes Thiemann, Basketball-Weltmeister und Profi von Alba Berlin, ursprünglich aus Trier kommt – viel berliniger lässt sich der Gewinn einer Weltmeisterschaft kaum präsentieren. „Ich habe hier so eine trockene Stelle“, sagt Thiemann am Mittwoch und zeigt auf seinen Hals, „weil die Medaille da immer rangerieben hat.“

Nach der offiziellen Feier in Frankfurt sind vier Profis der Basketball-Nationalmannschaft nach dem Gewinn der historischen, ersten Weltmeisterschaft am Dienstag in Berlin gelandet. Die gebürtigen Hauptstädter Franz und Moritz Wagner, Maodo Lo – und Wahl-Berliner Johannes Thiemann wurden am Flughafen BER von Fans und Familie begrüßt. „So viele Leute, die sich für einen freuen, das bedeutet wirklich viel“, sagt Thiemann. „Das ist einfach schön zu sehen, dass so viele Leute diese Euphorie teilen.“

Ein Titelgewinn mit Berliner Note

Aufgrund der Vielzahl an Berliner Spielern hätte der Erfolg auch eine entsprechende Berliner Note, erzählt Thiemann. „Man hat es auch öfter gesehen, dass gerade die Bank einen wichtigen Push gegeben hat. Und das hängt natürlich auch viel damit zusammen, dass man sich gut kennt, dass man lange zusammengespielt hat“, sagt Thiemann. „Deswegen glaube ich schon, dass die Berliner Crew wirklich auch einen großen Anteil daran hatte.“

Wir sind alle reifer geworden. Jeder hat verstanden, dass es so nicht funktioniert.

Johannes Thiemann über die Entwicklung der Nationalmannschaft

So richtig verarbeitet hat Johannes Thiemann den Erfolg aber noch nicht, wie er erklärt. Sein emotionaler Zustand sei „ganz komisch. Ich kann das alles nicht einordnen“. Die Weltmeisterschaft zu gewinnen, davon hätte er nicht einmal geträumt. „Wir haben so viele Emotionen gelassen, beim USA-Spiel, beim Finale. Ich fühle mich so emotionsleer. Es ist zu viel. Eine krasse Euphorie, aber die Wochen davor war es so eine Anspannung, so eine mentale Energie, die wir aufgewendet haben, und dann die ganzen Eindrücke – das ist einfach überwältigend.“

Steile Entwicklung der letzten Jahre

Noch 2019 ist Deutschland bei der WM in der Vorrunde ausgeschieden, bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr war im Halbfinale gegen Spanien Schluss. Erfahrungen, die dafür verantwortlich seien, dass nun der ganz große Wurf gelungen ist. „Dass wir die WM vor ein paar Jahren verkackt haben, hat auch einen Anteil, dass wir diesmal so erfolgreich waren. Wir sind alle reifer geworden. Jeder hat verstanden, dass es so nicht funktioniert.“ Und dann sei ein Trainer wie „Gordi“ (Gordon Herbert, Anm. d. Red.) ein Glücksgriff, der mit einem klaren Plan gekommen sei und klar formuliert habe: „Jeder muss einen Schritt zurückgehen. Das waren alle bereit zu tun, und ihre eigenen Interessen dem Team hintanzustellen.“

Mit dem Erfolg und vor allem mit der Art und Weise, wie dieser zustande kam, hat sich auch die Wahrnehmung des Basketballsports in Deutschland verändert. Thiemann hat die Hoffnung, dass dieser Hype auch nachhaltig ist. „Ein größerer Erfolg ist schwer möglich. Klar, wir versuchen es bei Olympia nochmal, aber das ist alles noch in der Zukunft. Deswegen hoffe ich schon, dass es in Berlin, aber auch generell in Basketball-Deutschland jetzt nochmal einen Push gibt“.

Dafür müsse aber auch etwas getan werden. „Viele haben ein Interesse dafür, man muss es aber schaffen, den Sport den Leuten zugänglich zu machen“, sagt Thiemann und schlägt dabei die Vergünstigung von Tickets vor. „Man muss es einfach hinkriegen, dass es jetzt in den Medien weiter präsent bleibt, dass die Leute weiter mit dem Thema konfrontiert werden. Dass diese Euphorie bleibt und sich Leute in den Vereinen anmelden. Da muss jeder seinen Beitrag dazu leisten.“

Bereits im nächsten Jahr fährt Deutschland zu den Olympischen Spielen nach Paris, mit dem Status des Weltmeisters. „Gegen uns kommt ja jetzt wahrscheinlich LeBron“, sagt Thiemann lachend. „Das liegt alles in der Zukunft. Aber so wie wir gespielt haben, und so wie wir als Team zusammenstanden, muss man auch dran glauben, dass bei Olympia auch was drin ist.“

Er selbst wolle an das Label Weltmeister aber nicht allzu viele Gedanken verschwenden. „Ich hatte noch nicht wirklich Zeit, darüber nachzudenken“, sagt Thiemann. Ich lasse das auf mich zukommen. Ich kann mein Handy nicht mehr öffnen, das ist alles super schön, aber es ist auch einfach so viel.“ Mit dem Roller wolle er aber auch weiterhin fahren.

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