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Coronalockerungen am Pfingstwochenende in Potsdam. Restaurant "Hiemke" Babelsberg.

© Andreas Klaer

„Seit drei Jahren Hochleistungstetris“: Durchwachsene Stimmung im Potsdamer Gastgewerbe

Weil die Absenkung der Mehrwertsteuer endet, könnte das Essengehen teuer werden. Gastronomen blicken mit Sorge aufs neue Jahr.

Ab 1. Januar gilt wieder die Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf Speisen in Gaststätten. Um das Gastgewerbe zu entlasten, wurde die Steuer in der Corona-Pandemie auf sieben Prozent gesenkt. Diese Regelung läuft zum Jahresende aus. Der Branchenverband Dehoga kritisiert das scharf und viele Gastronomen blicken mit Sorge aufs kommende Jahr. In Potsdamer Restaurants schwankt die Stimmung.

„Wir gehen mit Schweiß auf der Stirn ins neue Jahr“, sagt Stefanie Zander, Geschäftsführerin des Otto Hiemke in Babelsberg. Neben der Mehrwertsteuer sieht sie weitere Kosten kommen: Die CO₂-Steuer dürfte die Ausgaben für Lieferanten erhöhen, Lebensmittel seien weiterhin teuer. Der Wegfall der reduzierten Mehrwertsteuer komme zur Unzeit: „Wir haben doch wirklich genug am Hals“, sagt sie.

„Es ist unverständlich, dass die Bundesregierung ausgerechnet bei der Mehrwertsteuer den Rotstift ansetzt“, sagt Olaf Lücke, Geschäftsführer des Branchenverbandes Dehoga. Die Belastung habe sich schließlich nicht geändert. „Als Wermutstropfen kommt hinzu: Die Kundschaft ist wegen der Inflation zurückhaltend“, sagt er. „Die Gastronomen haben Existenzsorgen“, sagt Ina Hänsel, Präsidentin der IHK Potsdam. Laut einer Umfrage der IHK rechnen zwei Drittel der befragten Gastronomen in Brandenburg mit einem schlechten Jahr 2024, kein einziger Betrieb gehe von steigenden Umsätzen aus. 70 Prozent planen demnach mit weniger Personal.

„Wir sehen die Lage nicht ganz so dramatisch“, sagt Sebastian Riesner von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Insbesondere der Tourismus beschere Gaststätten in Potsdam reichlich Kundschaft, sagt er. Dass 2024 reihenweise Beschäftigte aus der Branche entlassen werden, glaubt er nicht. Für viele würden sich auch die Arbeitsbedingungen verbessern: Zum neuen Jahr hat die NGG einen neuen Tarifvertrag mit der Dehoga geschlossen.

Erschöpft, aber gelassen

Lena Frenkel leitet unter anderem die Theaterklause und das Café Midi in Potsdam. Sie sieht dem neuen Jahr erschöpft, aber gelassen entgegen: „Wir spielen doch hier eh seit drei Jahren Hochleistungstetris“, sagt sie. Die volle Mehrwertsteuer, die ab Januar wieder fällig wird, müsse allerdings auf die Speisen umgelegt werden. „Ich glaube nicht, dass uns Kunden wegfallen: Wer gut essen gehen will, der tut das, auch wenn es dann ein klein wenig teuer ist“, hofft sie.

Mediterrane Köstlichkeiten im Deli in der Lindenstraße.
Mediterrane Köstlichkeiten im Deli in der Lindenstraße.

© Andreas Klaer

Das Bistro Deli in der Lindenstraße hat 2022, also mitten in dieser herausfordernden Zeit, neu eröffnet. Karin Tondorf und Mahran Mourad bieten hier mediterrane Köstlichkeiten an. Es war „ein spannendes erstes Jahr“, sagt Tondorf. Herausfordernd sei die Personalsituation gewesen, gerade im Sommer sei man auch auf Aushilfen angewiesen gewesen. Wie sie mit dem Ende der Mehrwertsteuerabsenkung umgehen werden, überlegen sie noch.

Restaurants laut Dehoga benachteiligt

Einen Vorteil hat das Deli: Es bietet Essen auch zum Mitnehmen an. Denn 19 Prozent Mehrwertsteuer werden nur fällig auf Speisen, die in der Gaststätte verzehrt werden. Für einen Imbiss auf die Hand gelten nur sieben Prozent. „So wird eine To-Go-Gastronomie gefördert“, kritisiert Dehoga-Chef Lücke. Er sieht die Vielfalt der Gastronomie bedroht: „Wo ein Restaurant schließt, macht ein Imbiss auf“, so seine Befürchtung.

Stefanie Zander vom Otto Hiemke in Babelsberg hat immerhin noch eine ganze Reihe Reservierungen für Feiern im kommenden Jahr. „Wir hoffen, das bleibt, selbst wenn wir die Preise erhöhen müssen“, sagt sie. Dafür hat man sich etwas einfallen lassen: „Wir setzen voll auf deutsche Küche“, so Zander. Damit könne man auch mit günstigen Zutaten sehr gutes Essen kochen.

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