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Potsdam-Mittelmark: Tür zu, Tür auf

Vor zwei Jahren wollte Thomas Barth für CDU in Kleinmachnow Bürgermeister werden. Jetzt tritt er aus der Partei aus – aus Enttäuschung

Vor zwei Jahren wollte Thomas Barth für CDU in Kleinmachnow Bürgermeister werden. Jetzt tritt er aus der Partei aus – aus Enttäuschung Von Peter Könnicke Kleinmachnow. Ein Bild der vergangenen hat Thomas Barth besonders gefallen. Wie SPD-Ministerin Ulla Schmidt und CDU-Fachexperte Horst Seehofer die Köpfe zusammensteckten, um Einigung in der Gesundheitsreform zu erzielen - das fand der Kleinmachnower gut. Was gemeinhin als Plus der Dorfpolitik gesehen wird, fand auf der großen Bühne statt: Dass gemeinsam an der Sache gearbeitet wird, frei von Koalitionszwängen. Für Kleinmachnow ist diese Zeit vorbei, glaubt Barth. Es drohe der Abschied von der Politik an der Sache. Man werde sich an Formalien reiben, schwant dem 58-Jährigen. Und die CDU, deren Parteibuch er seit zehn Jahren hat, trage Mitschuld, wenn Kleinmachnow eine kleine Bühne für das Schauspiel der großen Politik werde. Indiz, dass es so kommt, ist für Barth allein die Kandidatenliste der Kleinmachnower Christdemokraten. Die ersten Plätze machen die Mitglieder des Ortsvorstandes nahezu unter sich aus. Mitarbeiter der CDU-Bundestagsfraktion komplettieren das Vorderfeld. Mehr Parteisoldaten als „Kleinmachnower mit Herz und Seele“ dränge es ins Gemeindeparlament, das am 26. Oktober gewählt wird. Das, so Barth, werde nicht gut gehen. Das trage er nicht mit. Montagabend legte er seinem Ortsvereinsvorsitzenden Maximilian Tauscher das Parteibuch auf den Tisch und erklärte seinen Rückzug von seinen Ämtern als erweitertes Vorstandsmitglied und sachkundiger Einwohner im Bauausschuss und aus dem Wahlkampfteam. Auch seine Kandidatur für die Gemeindevertretung zog er zurück. Wer Barth hätte wählen wollen, hätte an der 14. Stelle der CDU-Kandidatenliste sein Kreuz machen müssen. Vom ersten Mann ins Abseits Für zwei Jahren war Barth der erste Mann der Kleinmachnower CDU. Als es darum ging, bei der Bürgermeisterwahl einen Herausforderer gegen SPD-Amtsinhaber Wolfgang Blasig zu stellen, schickte die CDU den selbständigen Bauberater in den Ring. Barth holte etwas mehr als 20 Prozent und half der CDU, ihr Gesicht zu wahren: Barth galt als personifizierte Pflicht, als Volkspartei einen Kandidaten zu präsentieren. Und selbst bei der Pflichterfüllung wurde er – bis auf einen gemeinsamen Pressetermin – allein gelassen: Seine Wahlplakate klebte Barth allein, unterstützt von seinem Sohn. Was vor zwei Jahren vielleicht ein paar Stimmen mehr verhinderte, macht Barth dem Kleinmachnower CDU-Ortsvorstand heute zum Vorwurf: 1997 nach Kleinmachnow gezogen, galt er als Unbekannter, der gegen den etablierten Blasig und die ortsbekannte Bündnisgrüne Cornelia Behm kämpfte. Mit Blick auf die aktuelle Kandidatenliste der Orts-CDU konstatiert Barth den fehlenden Ausgleich zwischen alten und neuen Kleinmachnowern. Vor fünf Jahren zählte der Kleinmachnower CDU-Ortsverband 25 Mitglieder. Heute sind es mehr als 100. Die Professionalität der Neuen dominiert über die Leidenschaft für Kleinmachnow der Alten, beklagt Barth. Eine gute Integrationsarbeit des Vorstandes sei versäumt die gestörte Kommunikation zwischen Fraktion und Vorstand nie behoben worden, so sein Bedauern. Mit Maximilian Tauscher, immerhin Ortschef der CDU, findet sich auf Platz 7 der aktuellen CDU-Liste der erste Bewerber, der als Hiesiger gilt. Dahinter rangiert Bernd Krüger, engagierter Gemeindepolitiker in der derzeitigen Parlamentsfraktion auf Platz 8. Auch dahiner kommen Kandidaten, „die Kleinmachnow nicht kennt und die Kleinmachnow nicht kennen“, moniert Barth. „Das ist keine angemessene Repräsentation des Bürgerstandes.“ Die amtierenden Fraktionäre Brammer, Antweiler und Kleemann sind nicht mehr aufgestellt worden – „obwohl sie gewollt hätten.“ Auch sein eigener 14. Listenplatz sei nicht die Anerkennung, die er nach seinem Einsatz als Bürgermeister-Kandidat meint, verdient zu haben. Bereits unmittelbar nach der Nominierung der christdemokratischen Bewerber kommentierte der CDU-Altvordere Bernd Jentzsch die Abfuhr an die Parteifreunde mit Kleinmachnower Wurzeln frei nach Shakespeare: „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan – der Mohr kann gehen!“ Als unglücklich empfindet Barth, dass die gegenwärtige Gemeindevertretung von Alt-Kleinmachnowern beherrscht wird. Dass seine Partei „eine unglückliche alte durch eine unglückliche neue Situation ersetzen will“, könne er nicht mittragen. Bereits im Bürgermeister-Wahlkampf sei es sein Bestreben gewesen, einen Konsens unter den Kleinmachnowern zu finden, von denen die Hälfte nach der Wende in den Ort kam. Dass in Kleinmachnow zahlreiche Staatsdiener und Funktionäre wohnen, die in Berliner Parteizentralen, Fraktionsbüros und Bundesministerien mit Politik ihre Brötchen verdienen, spiegelt sich auch in den Ortsverbänden wieder. Da haben CDU wie auch SPD inzwischen schul- und wirtschaftspolitische Sprecher, Fachreferenten für Verkehr, Haushaltsexperten und Pressesprecher. Wie sehr die Sitten der „großen Politik“ im beschaulichen Kleinmachnow Einzug halten, habe Barth schmerzlich zu spüren bekommen, als er sich anerkennend über einen Gedanken eines PDS-Gemeindevertreters äußerte und ihn ein Parteifreund gegen''s Schienbein trat, weil man die politischen Widersacher nicht zu loben habe. Seinen Fortgang habe dieser Stil in der Schuldebatte gefunden, in der SPD und CDU inzwischen die gleichen Ziele artikulieren und sich wie „Hase und Igel“ streiten, wer als erster Lösungsvorschläge präsentierte. „Ich sehe die Gefahr“, so Barth, „dass sich die Schach- und Winkelzüge der großen Politik in der Gemeinde wiederfinden.“ Austritt wird zum Wahlkampf Parteifreunde hätten ihn gewarnt, nicht alle Türen zuzuschlagen. Seine Antwort ist eine Ankündigung: „Man muss Türen zumachen, um neue zu öffnen.“ Barths Rückzug aus der CDU ist kein Abschied von seinen kommunalpolitischen Ambitionen. Es gebe für ihn jenseits der CDU Alternativen und andere Wege, die er und Gleichgesinnte gehen wollen. Sie werden sie sich in einer unabhängigen Wählergruppe finden – über deren Rekrutierung sich bisher nur spekulieren lässt. „Es sind Leute, die aktiv bleiben wollen, die aktiv oder wieder aktiv werden möchten“, kündigt Bernd Jentzsch an, der selbst einmal die CDU-Fraktion im Kleinmachnower Ortsparlament führte. Und so geraten Barths CDU-Austritt, seine Erklärungen und Begründungen postum zur Wahlpropaganda in eigener Sache. Die von ihm angekündigte Wählerinitiative wird womöglich in den kommenden Wahlkampfschlachten als Sammelbecken der Enttäuschten, der Nichtberücksichtigten und Verprelten tituliert werden. Damit wird sie leben können. Viel größer ist die Gefahr, vom Wähler nicht anerkannt zu werden. Dann wird es schwieriger, den vermeintlichen Ungleichgewicht entgegenzuwirken, das Barth aus der CDU austreten ließ. Mit dem geworfenen Handtuch hat Barth alle Möglichkeit aufgegeben, dem Ortsverband zu einer gesunden Balance zu verhelfen. Denn wenn die Kleinmachnower CDU tatsächlich an einer Unausgeglichenheit leidet, wie von ihm beschrieben, braucht sie eigene Kräfte, die die für Kleinmachnow dringend erforderliche Gewichtung aus Leidenschaft und Professionalität in der Waage hält.

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