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Potsdam-Mittelmark: Adé, olé, passé

Unausweichliches Finale in Kleinmachnower Kammerspielen: Trauer und müde Gesichter am Silvesterabend

Unausweichliches Finale in Kleinmachnower Kammerspielen: Trauer und müde Gesichter am Silvesterabend Von Gerold Paul Kleinmachnow. Nun ist es mit den Kleinmachnower „Kammerspielen“ vorbei. Über viele Jahrzehnte war das umgebaute Kino die kulturelle Mitte des Ortes, die neue Zeit aber setzte das Eigentum wieder in Stand, und weil der Gemeinde das Geld ausging, gab sie zu Ultimo 2003 diesen „Kulturstandort“ auf; ein neuer Besitzer will es nun richten, auch mit Kultur der verkleinerten Art. Die letzte Veranstaltung am Silvesterabend war also zugleich ein Abschied für Gabriele Frost, welche auch nach der „Wende“ sorgte, dass es weiterging mit Kunst und Unterhaltung im denkmalgeschützten Hause. Das morbide Interieur des Saales hat noch immer das „gewisse Etwas“, Charme aus dem Holze von Damals. Betrieb am frühen Abend wie immer, man sah sich, man grüßte, man wünschte einander, gut ins „Neue“ hinüberzurutschen, und man gedachte auch der Kulturmanagerin mit ihren traurigen Augen, die überall war, auch das letzte Programm noch gut über die Bühne zu kriegen; ausverkauft waren die „Kammerspiele“ für diesen Mittwochabend schon seit langem. Dort oben gab es ein Operettenprogramm, dessen Stil und Ausdruck heftig an die besten Zeiten von Heinz Quermann erinnerte, als man noch „Zwischen Frühstück und Gänsebraten“ vom Festtag genas. Mit Erdmuthe Brunner und Laszlo Hegedüs (Violinen), Theodor Hotze (Violoncello), Eberhard Wenzel (Kontrabass) und der temperamentvollen Virginia Ehrhardt am Flügel war das „Salonorchester Berlin“ angetreten, dem teils etwas betagten Publikum Lehar, Strauss und Lincke aufzuspielen, mit freilich sehr müden Gesichtern. Als Solisten sang das Ehepaar Margot Stejskal und Uwe Peper in später Sopran- und Tenorlage von den windigen Trieben des Chianti-Wein, führte, so gut es ging, in das „Land des Lächelns“, schenkte oder verschenkte das Herz der „Dubarry“, gedachte auch der „Czardasfürstin“ und der „Fledermaus“, alles, damit sich am Silvesterabend erfülle, womit das Programm lockte: „Komm'' mit mir ins Chambre Separée“. Na denn, „Hoch die Gläser, hoch das Leben, hoch die Liebe, trallalalá!“. Manfred Hütter übernahm, gleichfalls im alten Stil, Ansagen und Moderation dieses sicher von Ultimo bis Weihnachten verwendbaren Programms: Silvesterlicher Umtriebigkeit hatte es bis zum Schluss zu entbehren, als man endlich Luftschlangen ins Publikum warf – das besser als wie nischt. Instrumentale Parts gab es mit Gades „Tango Jalousie“, behufs eines neapolitanischen Ständchens von Winkler, durch Lehar''s „Lied vom Csardas“ und „Schelmenaugen“, wie sie Carl Uschmann componiert hatte. Was diesem eher trägen Vortrag nordischer Breiten an Temperament zu fehlen schien, lieferte La Mariposa nebst Tanzschule im spanischen Stil. Flamenco und andere Parts belebten die Szene merklich, zumal Marie Poser mit Zoe, Lea, Charlotta, Ana''ise und Lisa fünf putzmuntere Damen der unteren Altersstufe mitgebracht hatte. Später gab sie, zum Gesang des Kleinmachnowers Christoph Schill, noch ein zündendes Solo flamenco dazu, sehr viel Applaus. Olé! So ging es „Im Feuerstrom der Reben“ und dann mit „Berliner Luft“ zum unausweichlichen Finale. Berlin, Paris und Wien waren nun passé im „Chambre Separée“, oje. Der ernste Teil begann, das Abschiednehmen. Sichtlich bewegt, dankte Gabriele Frost dem Publikum für seine Treue, ihren Getreuen aber für Hilfe und Zuspruch, das Werk dieses Hauses bis zur Vollendung mitgetragen zu haben. Es gab für die Chefin sogar stehende Ovation. Was nicht geschah zu Ultimo 2003, bleibt gutem Eingedenken fern: Niemand aus der Gemeinde hielt es für nötig, sich mit guten Worten und einem Blumenstrauß sehen zu lassen, was nicht wenige Gäste empörte. Für Frau Frost aber scheint in Sachen Kultur „Dein ist mein ganzes Herz“ zu gelten – sie macht im Augustinum weiter. Adé, olé, und alles Gute!

Gerold Paul

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