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Kultur: Taumelnde Achterbahn

Kulturhauptstadt 2010: Neuer Werbeclip

Kulturhauptstadt 2010: Neuer Werbeclip Erinnert sich noch jemand an den ersten Kurzfilm, der für die Kulturhauptstadt Potsdam werben sollte? In schneller Abfolge wurden damals die „Gesichter“ der Stadt vorgestellt, eine sympathische Aneinanderreihung wohlbekannter Personen, eigenartigerweise auffällig viele mit Beschäftigung in der Schnellgastronomie, die an der Ebert-Straße beheimatet ist. Der Regisseur und Produzent Wolfgang Dümcke nutzte bei der gestrigen Präsentation des neuen, 1:30 Minuten langen Trailers die Gelegenheit, die Schwächen des ersten „Schnellschusses“, durch den neuen, aufwändig in Kinoformat produzierten Spot vergessen zu lassen. Beginnend auf einem Fischerboot am Tiefen See, fliegt eine beinahe losgelöste Kamera in pulsierender Schnittfolge zum Schloss Babelsberg, um in Bruchteilen von Sekunden über Sanssouci, zum Neuen Palais und zu Schloss Charlottenhof zu fahren. Dümcke und sein junges Team wollten Potsdam in Bildern zeigen, „die so noch nie zu sehen waren.“ Die Kameraperspektive ist, wenn es sich nicht sowieso um Luftbilder handelt, grundsätzlich erhöht. Die zeitraffende Zoomtechnik, an die sich Cineasten seit „Matrix“ gewöhnt haben, und die treibende, von Maximilian Dümcke geschriebene Synthesizer-Musik, an deren pulssteigernden Rhythmus sich die schnelle, oftmals verzögerte Bildfolge anlehnt, erinnern an eine atemberaubende Achterbahnfahrt, manchmal dem Taumel nahe. Die drei Schwerpunkte der Bewerberschrift, so das Konzept, sollten in neuen Bildern dargestellt werden, alles verbunden mit dem roten Faden einer Geschichte. Diese, aus dem Stakkato der Bilderwucht nicht leicht herauszulesende Erzählung handelt von einer Architektin, die am Reißbrett Elemente der ehrwürdigen Architektur aufnimmt, und sie in ihrem Büro, im „einzigen postmodernen Gebäude Potsdams“, so Dümcke, am Neuen Markt zu einem Entwurf zu verarbeiten, der dann im letzten Teil des Films, der eine Gruppe von Filmleuten auf dem Studiogelände zeigt, Verwendung findet. Der Spot, bei dem bewusst auf Text verzichtet wurde, um auch international verwendet werden zu können, strahlt ein hohes Maß an Professionalität aus. Der Potsdamer, das eigentliche Vehikel der zu weckenden „Visionen“, taucht aus der Menge an Gebäuden allerdings nur vereinzelt auf, so dass die Figur der Architektin hier exemplarisch und damit symbolisch überhöht erscheint. Die Kamera kann durch die gewählte Höhendistanz und Geschwindigkeit nie richtig an dem sozialen Gefüge Potsdams Teil nehmen, sie überfliegt blanke Fassaden, ohne jemals zur Ruhe zu kommen. Sie umkreist eine Hülle, ohne den Kern offen zu legen. Dies mag das Ziel, eine „Marke“ für Potsdam zu etablieren, optimal erfüllen. Es zeigt aber eine Hektik, in der für kulturelle Füllung keine Zeit zu sein scheint. Bevor der Trailer im Kino zu sehen sein wird, kann er ab Mittwoch in einer Internetversion auf www.potsdam2010.com begutachtet werden.Matthias Hassenpflug

Matthias Hassenpflug

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