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Kultur: Er war ein Urgestein im Potsdamer Musikleben

Herbert Reinhold ist mit 89 Jahren verstorben

Herbert Reinhold ist mit 89 Jahren verstorben Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges traf der Dirigent, Hochschulprofessor und Komponist Hans Chemin-Petit am Nauener Tor Herbert Reinhold, der aufatmend, wie jeder andere, nach den Schrecken, den der Nationalsozialismus und der Krieg verbreiteten, auf friedliche Zeiten hoffte. Chemin-Petit suchte für die Aufführung der Bruckner–Messe in f-Moll einen Solisten, der das Tenor-Solo singen konnte. Herbert Reinhold – ein Ur-Potsdamer – kannte die Partie bereits in- und auswändig. Als Mitglied des Städtischen Chores hat er in den Proben immer wieder das Tenor-Solo singen dürfen. Am 21. Oktober 1945 begann somit für den Schulmusiker in der Friedenskirche Sanssouci die Karriere als Sänger, die er mehr als zwanzig Jahre mit großer Leidenschaftlickeit und Überzeugung ausfüllte. Herbert Reinhold wurde einer der gefragtesten Tenöre für den Oratorien- und Liedgesang. Nicht nur in Potsdamer oder Berliner Kirchen und Konzertsälen war er zu hören. Kantoren und Dirigenten - vor allem in Ostdeutschland – verpflichteten Herbert Reinhold sehr gern, denn er war als musikalisch und stilistisch sicherer Sänger bekannt. In der Thomaskirche Leipzig und bei den Greifswalder Bachwochen sang er genauso wie im Nikolaisaal, in der Erlöserkirche oder in der Friedenskirche in Potsdam alle Oratorien, Passionen, Messen, Kantaten von Bach, Haydn, Beethoven oder Mozart. Mit einer Hingabe sondersgleichen wusste Herbert Reinhold zu gestalten. Die Evanglistenpartien im Weihnachtsoratorium oder in den Passionen von Johann Sebastian Bach bleiben auch deswegen in Erinnerung, weil seine Interpretationen Predigten waren, die Verkündigung der frohen Botschaft. Und so wurden viele Konzerte durch seine Mitwirkung musikalische Höhepunkte. Gern gab der Tenor auch immer wieder Liederabende. Schubert und Schumann gehörten dabei zu seinen Lieblingskomponisten. Mit der Pianistin Käthe Robiller erarbeitete er die Lieder. Und durch die wunderbare Partnerschaft beider Musiker bleiben auch diese Konzerte im Gedächtnis vieler älterer Potsdamer, die diese Abende erleben durften. Herbert Reinhold hat für das Potsdamer Konzertleben, vor allem für das kirchenmusikalische, viel getan. Aber auch in Greifswald wird man sich seiner erinnern, am Dom oder an der Kirchenmusikschule, wo er viele Jahre als Gesangspädagoge wirkte. Als er aus ganz natürlichen Gründen die Gesangskarriere aufgeben musste, entschied er sich neben der Arbeit in Greifswald kunsthandwerklich tätig zu werden. Sein Material wurde Kupfer. Vor allem für Gotteshäuser fertigte er bis ins hohe Alter Abendmahlsgeräte oder Kruzifixe an. Und auch hierbei war er ein sehr gefragter Künstler. Herbert Reinhold, der im September 90 Jahre alt geworden wäre, verlor nie sein Interesse am Potsdamer Musikleben, dabei seine eigene Meinung nicht verleugnend. Und man unterhielt sich gern mit ihm, weil er was zu sagen hatte, aus der Vergangenheit und über das Heute. Am vergangenen Sonnabend ist er verstorben. Klaus Büstrin

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