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Kultur: Ein (be)rauschendes Fest

Alle Jahre wieder: Subway to Sally live im Lindenpark /Die Apokalyptischen Reiter stimmten ein

Alle Jahre wieder: Subway to Sally live im Lindenpark /Die Apokalyptischen Reiter stimmten ein Von Philipp Rothmann Das Publikum drängte sich an die Wände und quoll fast wieder zur Tür hinaus. Es war eine Hitze im Saal des Lindenparks wie im Hochsommer. Bevor das Konzert überhaupt anfing, hörte man die Massen schon singen: „Blut, Blut, Räuber saufen Blut“, ein Kinderlied, das mittlerweile zu Subway to Sally dazu gehört. Bevor jedoch die Potsdamer Matadoren die Bühne erklommen, stimmten als Vorband die „Apokalyptischen Reiter“ auf den Abend ein. Die 1995 gegründete Gruppe zeigte an diesem Abend, dass sie es durchaus versteht, die schon angewärmten Massen zum Tanzen zu bringen und so das Warten auf angenehme Art und Weise zu verkürzen. Als dann nach dem Umbau das Licht in einem beruhigenden Violett die Bühne erleuchtete und die Musik ausgeblendet wurde, hielt eine fast ehrfurchtsvolle Stille Einzug in den Saal. Es war, als würden die Besucher gemeinsam die Luft anhalten, um sie in einem einzigen gemeinsamen Schrei herauszulassen. Als Subway to Sally die Bühne betraten, wankten die Wände des Lindenparks. Mit einer gewaltigen Explosion auf der Bühne, dem auf ihrem neuesten Album „Engelskrieger“ erschienenen Song „Der Geist des Kriegers“ und den Worten „Hallo Heimat, willkommen in unserem Wohnzimmer“ machten Subway to Sally den Auftakt zu einem Abend in ihrem Heimclub, der selten so gebebt hatte. Dabei war es in diesem Jahr nicht sicher, ob das Jahresabschlusskonzert, wie es in den letzten Jahren der Fall war, ein Fest werden würde. Denn Subway to Sally haben einen drastischen musikalischen Einschnitt vorgenommen. Für die Fans der ersten Stunde, die Subway seit ihrer Gründung 1990 und den ersten Auftritten im Lindenpark kennen, waren sie der Inbegriff für eine harmonische Symbiose aus mittelalterlichen Texten und Instrumenten in Verbindung mit metallartigen Gitarrenriffs und treibenden Rhythmen. Mit Titeln ihrer alten Alben wie „Grabrede“ oder „Kleid aus Rosen“ thematisierten sie gesellschaftliche Probleme und weltpolitische Geschehnisse in Form von mittelalterlichen Minnegesängen. Seit ihrem 2003 erschienen Album „Engelskrieger“ aber sind Dudelsäcke und Flöten verschwunden und an Stelle der Geschichten sind provokante Texte getreten, die mit dem Finger auf Probleme zeigen. Laut Subway to Sally war es das Ziel, sich nicht mehr länger in der Vergangenheit zu bewegen, sondern in die Gegenwart zurück zu kehren. Dieser musikalische Wandel stieß jedoch zunächst auf eine gewisse Skepsis bei den Fans, drohten Subway jetzt eine durchschnittliche Metallband zu werden? Offensichtlich war dieser Gedanke weit gefehlt, denn an diesem Abend, der eine Mischung aus Traditionellem und Neuerem bot, schienen die Fans sich mit dem jetzigen Stil mehr als angefreundet zu haben. Selten erlebt man es, dass das Publikum selbst in der letzten Reihe noch tanzt und zusammen mit allen anderen den Saal erzittern lässt. Dass es nicht nur für das Publikum ein wunderbares Konzert gewesen sein muss, konnte man an den durch die immer wieder einsetzenden Gesänge der Fans provozierten fünf Zugaben sehen, die der Band den Rest abverlangten. Der Gipfel war erreicht, als sich der Tontechniker stehend auf einer Boxenabdeckung und Sänger Eric Fisch liegend auf den Händen der Massen umher tragen ließen, um anschließend die Bühne unter einer gewaltigen Welle der lautstarken Begeisterung endgültig zu verlassen. Band und Publikum waren ausgelaugt, aber glücklich, und man darf gespannt sein, was das nächste Jahr für Überraschungen bereit hält. Denn dass Subway to Sally das Potenzial haben, neue Wege gelungen zu beschreiten, haben sie an diesem Abend eindrucksvoll bewiesen.

Philipp Rothmann

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