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Kultur: Der lange Weg zur Kunst

Therapeutischer Liederabend: Comedy, Piano und Zauberei im Ascot Bristol-Hotel

Therapeutischer Liederabend: Comedy, Piano und Zauberei im Ascot Bristol-Hotel Repertoire oder langandauernde Abend-Unterhaltung, öffentliche Veranstaltung oder Kleinkunst für den internen Gast-Betrieb? Man hatte mehr als zwei Stunden Zeit, über diese Frage im Ascot Bristol-Hotel nahe der Nuthestraße nachzudenken. „Comedy – Piano – Zauberei“ versprach die Welt- und Urpremiere eines kometenhaft heraufziehenden Terzetts am dichtbesetzten Unterhaltungs-Himmel, von dem man weder weiß, was es bedeutet, noch was noch aus ihm wird. Vor wenigen Monaten erst hatte man sich im Drewitzer Neubaugebiet getroffen (wo das Hotel sich befindet), um zu beraten, wie sich vor aller Augen ein Verein „Berufsbetroffener“ gründen ließe. Was Christian Reim, Marketingleiter bei Radio Paradiso, die hochbegabte Sängerin und Pianistin Anna-Maria Thönelt und Zauberer Dieter Walzer alias Mr. Fokusnik in der Lounge dieses Hotels vorlegten, lässt einerseits hoffen, andererseits scheint in ihrem „therapeutischen Liederabend“ für Schüchterne, Zurückhaltende etc. alles noch so ziemlich offen, vor allem die Programm-Dramaturgie dieses viel zu eiligen Erstlings. Der Raum ist lang, die dreie spielten quer, „Beaufobetnofene“ stand als anagrammatisches Geheimnis auf einem Tuch, welches das Klavier im Raume hüllte. Hinter ihm sang und blueste die junge Studentin so gut, dass man sich mehr Musikalisches von ihr gewünscht hätte, anstatt dem etwas ziellosen Palaver von Reims zuhören zu müssen. Seine „Schiene“ ist wohl der TV- und Radio-Standard heutiger Unterhaltung, von der keiner nicht satt wird. Dabei fing alles höchst witzig an. Ein Peter wurde verdonnert, wie in der Reality-Show zu brüllen und zu schnauben, wenn nur sein Name fällt, jemand anders bekam ein Schild, den etwa zwanzig Besuchern Beifall anzutragen, so ihm danach zumute wäre. Das geschah zu Beginn öfter als zum langen Ende hin, als der Entertainer Pointe um Pointe verfehlte und sich witzelnd sehr bedenklich dem Niveau unterhalb der Gürtellinie näherte. Nicht fein genug fürs Bristol, denkt man, wo es gehobenen Preises einen Begrüßungssekt und Finger-Food inklusive gab. Inhaltlich ging es also um die Gründung des Vereins „Berufsbetroffener“, zu denen alles gezählt wurde, was sich nur irgendwie besprechen lässt, Ärzte, Politiker, Betthasen usw. Als Entree wählte Reim den bestrickjackten Dödel mit Hornbrille und Knickebocker-Bein. Dann wollte er die Gäste als Zeugen allgemeiner Betroffenheits-Philosophie involvieren, indes Mr. Fokusnik mehr am Rande Wasser aus Gläsern verschwinden ließ und Kartenzauber entfaltete, ohne solche Kniffe dem Vereins-Gedanken zuzuordnen. Vielleicht wird das noch, der Weg in die Höhen der Kunst ist ja steini und lang. Das Plus des spielfreudigen Abends: Die Einbeziehung des Publikums (keiner entkam, wenn er dran war) und der Eindruck unverbrauchter Frische im Ideenstrom. Nur fand er sein Delta nicht, die Vereinsidee versickerte im Sumpf zu vieler Worte. Kam der e.V. denn nun zustande, oder etwa doch? Gerold Paul

Gerold Paul

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