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Farbe im Plattenviertel. In Drewitz startete das Sekiz 1991.

© Sekiz e.V.

25 Jahre Sekiz Potsdam: Experten für das eigene Leben

Vor 25 Jahren wurde das Potsdamer Selbsthilfe- und Kontaktzentrum Sekiz gegründet. Zum Jubiläum blickt das Team zurück – und feiert am Freitag mit einem Straßenfest in der Hermann-Elflein-Straße.

Potsdam - Angefangen hat alles mit sieben Mitstreitern Anfang 1991. Wenige Monate nach der Wiedervereinigung fanden sich in Potsdam Menschen zusammen, die das Thema Selbsthilfe bewegt hat. Die reden wollten, sich austauschen über ihr Leben nach oder mit einer Krankheit, die die Situation aus eigener Kraft wieder in die Hand nehmen – und das auch anderen Betroffenen ermöglichen. In der DDR seien Selbsthilfegruppen praktisch nur unter dem Dach der Kirche möglich gewesen, berichtet Ulrike Buttenberg, seit 2014 Geschäftsführerin des Sekiz e.V., des Selbsthilfe-, Kontakt- und Informationszentrums. Ihre Vorgängerin Angelika Tornow war vor 25 Jahren eine der Ideengeber für die Gründung des Vereins. Mit zwei Gruppen für Parkinson und Osteoporose ging es dann los. Am 1. Juni eröffnete die Potsdamer Informations- und Kontaktstelle als erstes Sekiz-Projekt im Stadtteil Drewitz. Von Anfang an ging es nicht nur um Selbsthilfe. Auch Angebote für die Kinder im Plattenbaustadtteil spielten eine Rolle: „Malkurse, Töpferkurse, Musik“, erzählt Ulrike Buttenberg.

Rund 50 Selbsthilfegruppen treffen sich regelmäßig

25 Jahre und mehrere Umzüge später hat sich das Sekiz als Anlaufstelle für Selbsthilfegruppen, als Vermittler für Ehrenamtler und als Bürgertreff in Potsdam etabliert. In den Räumen in der Hermann-Elflein-Straße 11, die der Verein seit 2000 nutzt, treffen sich heute rund 50 Selbsthilfegruppen regelmäßig, sagt Ulrike Buttenberg – die Adresse ist damit Anlaufstelle für um die 300 Menschen pro Woche. Hinzu kommen zwischen 60 und 80 Ehrenamtler und weitere Potsdamer, die die freien Angebote wie einen Lachyoga-Kurs, eine Mediation oder einfach das Treffen zum Schachspiel oder Skat nutzen.

Den 25. Geburtstag will das Sekiz am morgigen Freitag mit einem Straßenfest bei freiem Eintritt feiern: Zwischen 15 und 22 Uhr gibt es in der Elflein- Straße ein Bühnenprogramm mit einem Film, Talkrunden, einer Versteigerung für den guten Zweck. Auch Kaffee und Kuchen sowie ein Abendbuffet wird von Ehrenamtlern vorbereitet. Ab 18.30 Uhr stehen Musiker aus Berlin und Potsdam auf der Bühne: Erwartet wird die Cover-Combo Moy Misu aus Berlin, der Singer/Songwriter Dominic Donner aus Potsdam und die beiden Formationen Chiapata Express und Der letzte infantile Gedanke – beide ebenfalls aus der Landeshauptstadt.

Zum Jubiläum treten Musiker aus Potsdam und Berlin auf

Drei festangestellte Mitarbeiter hat das Sekiz heute – angefangen hatte man vor 25 Jahren mit vier ABM-Kräften, erinnert sich Oliver Geldener, der Vorstandsvorsitzende des Sekiz-Vereins. Die Arbeit trägt sich dank eines festen Zuschusses aus dem Stadthaushalt für die Selbsthilfe- und Ehrenamtsarbeit sowie Zuschüssen der Krankenkassen, insbesondere der AOK Nordost, wie Geldener betont. Für das Jubiläum hat das Sekiz-Team Fotos und Dokumente aus den vergangenen Jahren gesichtet. Entstanden ist eine Fotoausstellung, die am Freitag im gesamten Haus zu sehen ist, und ein Film, der um 16 Uhr gezeigt wird.

Menschen mit Suchtproblemen, Depressionen oder anderen Krankheiten treffen sich regelmäßig im Sekiz. Die Gruppen sind autonom organisiert, handeln selbstverwaltet. Ein Grundsatz ist auch die Wahrung der Anonymität: „Wir kennen keine Namen“, erklärt Ulrike Buttenberg. Wer eine Selbsthilfegruppe gründen möchte, bekommt vom Sekiz-Team Rat und Unterstützung. Da geht es zum Beispiel darum, nach welchem Konzept die Gruppe arbeiten möchte, aber auch, wie man verhindert, dass Hierarchien entstehen. „Das funktioniert über Gruppenregeln, bei denen man sich darauf verständigt, wie man in der Gruppe miteinander umgeht“, erklärt die Sekiz-Chefin.

Das Sekiz will auch Jüngere ansprechen

Mit der neuen Zuständigen für die Selbsthilfegruppen, Josephine Händel, verspricht sich das Sekiz-Team auch einen Generationenwechsel und die Öffnung für neue Zielgruppen – Händel ist 27 Jahre alt. Zu den neuesten Selbsthilfegruppen etwa zählt eine Gruppe für Frauen nach einem Kaiserschnitt.

Auch das Thema Flüchtlinge beschäftigt das Sekiz: Schon lange gebe es mit dem Schülertraining eine Art ehrenamtlich organisierte Nachhilfe für Kinder aus finanziell schwächeren Familien – in den meisten Fällen handele es sich um Kinder mit Migrationshintergrund, sagt Buttenberg. Seit Februar macht das Sekiz auch Angebote für geflüchtete Erwachsene, die Deutsch lernen wollen. Sieben Geflüchtete würden bereits unterstützt, fünf Ehrenamtler hätten sich gefunden. Auch Anfragen zu einer Supervision für Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe habe es bereits gegeben – ein entsprechendes Angebot könnte demnächst starten.

Auch Flüchtlinge sind ein Thema bei der Vereinsarbeit

Geldener wünscht sich für die Zukunft, dass der Selbsthilfe-Gedanke noch mehr Menschen erreicht und anspricht: „Das ist nichts Abseitiges, sondern etwas ganz Normales“, sagt Geldener: „Es geht um Selbstbefähigung – darum, dass man selbst wieder zum Experten für seine Situation wird.“

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