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Landeshauptstadt: Das Märchen vom hilfsbereiten türkischen Cousin

Von Gabriele Hohenstein Die Story klingt durchaus glaubhaft. Firat A.

Von Gabriele Hohenstein Die Story klingt durchaus glaubhaft. Firat A. – Inhaber eines Döner-Imbisses in der Friedrich-Ebert-Straße – bekommt am Morgen des 6. Februar 2003 Zahnschmerzen. Um selbige behandeln zu lassen, bittet er seinen Cousin Saban, ihn kurzzeitig im Geschäft zu vertreten. Der ohne Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland lebende Türke erklärt sich bereit, Gurken und Tomaten zu schneiden, bevor der Kundenansturm beginnt. „Saban hat nicht für mich gearbeitet. Er hat mir lediglich geholfen“, betont Firat A. (21) – angeklagt wegen illegaler Beschäftigung eines Ausländers – vor dem Amtsgericht. „Das ist so in unserer Familie.“ Mal komme der eine, mal der andere Vetter oder Onkel vorbei, schnibble mitunter auch eine Zwiebel. Die hilfsbereiten Geister, so auch Saban, erhielten dann ein Taschengeld oder Eßwaren, schildert der Angeklagte. Den Mitarbeitern des Arbeitsamtes, die an jenem Vormittag eine Kontrolle durchführten, bot sich allerdings ein ganz anderes Bild. „Saban A. stand in Berufskleidung mit aufgesticktem Logo hinter dem Tresen und bediente gerade eine Frau“, so Behördenmitarbeiter Bernd K. (45). „Der Mann machte zunächst falsche Angaben zu seinen Personalien“, erinnert sich Norbert Sch. (47). „Er zog das Gesundheitszeugnis eines Familienmitgliedes aus der Tasche und behauptete, die entsprechende Person zu sein.“ Eine Nachfrage bei der Ausländerbehörde ließ die Lüge wie eine Seifenblase platzen. „Nun nannte er uns seinen richtigen Namen und gab ein, seit einer Woche täglich für drei bis sechs Stunden in dem Imbiss beschäftigt zu sein. „Ich habe meinen Cousin nach dieser Kontrolle gefragt: Hast du den Leuten vom Arbeitsamt erzählt, dass du bei mir angestellt bist? Er meinte, dass er so etwas auf keinen Fall gesagt hat“, wirft Firat A. erregt ein. Die Richterin glaubt den Aussagen der Zeugen und stellt klar: Die Beschäftigung des illegal in der Bundesrepublik lebenden Cousins wäre auch strafbar gewesen, wenn er kein Entgelt bekommen hätte. Der Angeklagte habe aber zugegeben, Saban A. sowohl finanziell als auch mit Lebensmitteln entschädigt zu haben. Der inzwischen Arbeitslose wird zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt.

Gabriele Hohenstein

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