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Volles Haus in der evangelischen Marienkirche in Berlin-Mitte. So sieht es in den Gotteshäusern der Region inzwischen nur zu besonders feierlichen Anlässen aus.

© Christian Ditsch/epd-Pool/dpa

Zusammengewachsen und kräftig geschrumpft: Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg fusionierte vor 20 Jahren mit schlesischer Oberlausitz

Die Evangelische Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz besteht seit 20 Jahren. Sie verbindet 830.000 Mitglieder von der Uckermark bis hinter Görlitz – Tendenz fallend.

Es gab Tränen der Freude und der Wut. Es gab knappe Abstimmungsniederlagen und streitende Kirchenparlamente. Und am Ende gab es dann doch das erhoffte Ergebnis: Vor 20 Jahren, zum 1. Januar 2004, entstand die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) – eine Landeskirche, die von der Uckermark bis hinter Görlitz reicht.

Am Freitag soll auf der in Görlitz tagenden Frühjahrssynode das Jubiläum begangen werden: Die erste Neugründung einer Landeskirche, die Ost und West verbindet.

„Die Kirche ist gut zusammengewachsen“, sagt Karl-Heinrich Lütcke. Der Theologe war als Propst der Berlin-Brandenburgischen Kirche 2003 an vorderster Front an den Fusionsverhandlungen beteiligt.

Ein Thema, das seinerzeit hoch umstritten war: Manche der 60.000 Gemeindeglieder der Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz wollten lieber mit der sächsischen Landeskirche zusammengehen, als mit der rund eine Million Gläubigen zählenden Berliner Kirche.

In der neuen Kirche hat die schlesische Oberlausitz die Rolle des ländlichen Raums gestärkt

Karl-Heinrich Lütcke, Theologe

Andere sahen den Neubildungsprozess als Verrat am schlesischen Erbe: Immerhin war die kleine Landeskirche der letzte Rest der Kirche Schlesiens, der nach dem Zweiten Weltkrieg westlich der Neiße lag. „In der neuen Kirche hat die schlesische Oberlausitz die Rolle des ländlichen Raums gestärkt“, sagt Lütcke. Während in den Jahren nach der Wiedervereinigung die reichen und großen Gemeinden des alten West-Berlin die Kirche dominierten, bekam das Land nun mehr Bedeutung.

830.000
Gemeindemitglieder zählt die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO).

Heute ist die in Görlitz sitzende Generalsuperintendentin Theresa Rienecker, deren Amt man mit dem einer Regionalbischöfin vergleichen kann, für große Teile Brandenburgs zuständig. Selbst der Oderbruch gehört noch zu ihrem Sprengel. Die traditionsreiche Generalsuperintendentur Cottbus dagegen wurde vor einigen Jahren abgeschafft. Der Kirchenkreis Schlesische Oberlausitz wird von Thomas Koppehl, einem gebürtigen Berliner, geleitet, während eine Reihe junger Pfarrer aus der Görlitzer Region heute in Berlin und Brandenburg auf den Kanzeln stehen.

Der Mitgliederschwund zwingt Gemeinden zur Fusion

Heute plagen die EKBO ganz andere Probleme: Der Missbrauchsskandal und die Frage, wie sich eine seit ihrer Neugründung auf nur noch 830.000 Gemeindeglieder geschrumpfte Kirche strukturell den neuen Gegebenheiten anpassen muss, prägt die bevorstehende Tagung der Landessynode.

Vor allem im ländlichen Raum fusionieren Gemeinden und Kirchenkreise, und auch die Frage, wer künftig die zahllosen Kirchengebäude in Berlin, Brandenburg und der schlesischen Oberlausitz finanzieren soll, ist ungelöst. Politisch engagiert sich die Kirche gegen den Rechtsextremismus, für den Klimaschutz und die Aufnahme von Geflüchteten und hofft darauf, dass es in Berlin vielleicht doch noch einen ordentlichen Religionsunterricht an den Schulen gibt.

Mit kreativen Aktionen, vom Tauffest bis zur Pop-up-Trauung versucht man, die Menschen zu erreichen. Doch im Takt mit den schrumpfenden Mitgliederzahlen wird die EKBO in der Öffentlichkeit insgesamt viel weniger wahrgenommen, als noch vor 20 Jahren.

Eine, die damals bei der Fusion eine Schlüsselrolle spielte, war die Präses der Landessynode, Anneliese Kaminsky. Im vergangenen November sprach sie noch einmal vor dem Kirchenparlament. „Strukturfragen sind bis heute eine wichtige Aufgabe, aber sie dürfen nicht an erster Stelle stehen“, sagte Kaminski damals und gab der Kirche eine Richtung vor: „Lassen Sie uns vor allem das Evangelium auf den Leuchter stellen und selber immer wieder Hoffnungsträger und Hoffnungsträgerinnen sein.“ Nur so könne die Kirche auch heute noch einladend sein.

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