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Brandenburg: Korruption im Liegenschaftsfonds?

Experten des Landesbetriebs waren Geschäftsführer einer Immobilienfirma

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlin - Ein leitender Mitarbeiter des Liegenschaftsfonds Berlin und dessen Kollege haben neben ihrer Arbeit für das Landesunternehmen zeitweilig eine private Immobilienfirma geführt. Es geht um den Teamleiter Werner J., zuständig für den Grundstücksverkauf in sechs Berliner Stadtbezirken. Und um Kai R., der zum selben Team gehört. Beide Juristen kennen sich mindestens seit 1997, als Berater der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Kenner der Branche vermuten eine unzulässige Verquickung öffentlicher und privater Interessen.

Nach 2001 nahmen J. und R. als festangestellte Mitarbeiter in den Liegenschaftsfonds ihre Arbeit auf und genießen dort offenbar große Freiheiten. So wurde ihnen gestattet, als selbstständige Anwälte tätig zu sein. Außerdem stiegen sie im Oktober 2008 als Geschäftsführer in das private Immobilienunternehmen Berlice GmbH ein. Die Firma wurde im Februar 2007 gegründet und zuerst von Gudjon H. aus Reykjavic (Island) geführt. Im Februar 2008 gab er die Geschäftsführung an seinen Landsmann Jon S. an, bevor die Experten aus dem Liegenschaftsfonds übernahmen. Im Frühjahr 2009 gaben sie die Geschäftsleitung an einen Berliner Architekten – und den Isländer Rikhard S. ab.

Die Berlice GmbH war von Anfang an ordentlich bestückt: Mit einem Grundvermögen von 7,2 Millionen Euro, das bis Ende 2009 auf 8,5 Millionen Euro wuchs. Dem Chef des Liegenschaftsfonds, Holger Lippmann, ist es ein Rätsel, warum sich zwei wichtige Verkaufsstrategen aus seinem Haus in dieser Firma engagierten. „Das war mir bislang nicht bekannt, ich werde dies näher prüfen“, sagte er dieser Zeitung.

Vielleicht lohnt es sich, Hinweisen aus der Immobilienbranche nachzugehen. Denn die Berlice GmbH wurde zu dem Zeitpunkt gegründet, als mehrere Privatinvestoren ihre Angebote für ein großes Immobilienpaket beim Liegenschaftsfonds abgegeben hatten. Darunter ein in Island ansässiges Finanz- und Immobilienkonsortium. Ob es personelle Verquickungen mit der „Island-Firma“ Berlice gibt, könnte die interne Prüfung beim Liegenschaftsfonds klären.

Politiker von CDU und FDP äußerten schon 2007 den Verdacht, dass der Kaufinteressent aus dem hohen Norden bevorzugt behandelt werde. Der Berliner CDU-Abgeordnete Michael Braun fragte sogar, ob die isländischen Kaufinteressenten bei der Anfertigung der Ausschreibungsunterlagen „behilflich“ gewesen seien. Die Finanzverwaltung des Senats wies dies zurück. Zuständig für die Zusammenstellung des Pakets (45 Grundstücke mit einem geschätzten Wert von 100 Millionen Euro) war die Abteilung Vermarktung, zu der J. und R. gehören. Das Geschäft scheiterte zwar am Widerstand des Parlaments, das exponierte Grundstücke aus dem Paket herauslösen wollte. Zum Beispiel das Künstlerhaus Wiesenstraße und die Kanonenhalle auf dem Borsiggelände. Trotzdem beflügelt die „Island-Connection“ bis heute die Fantasie in der Baubranche Berlins.

Auf beide Mitarbeiter des Liegenschaftsfonds wurde diese Zeitung durch Beschwerden von Berliner Baugenossenschaften aufmerksam. In einem Brief an den Berliner Finanz-Staatssekretär Christian Sundermann bekundete der Vorstand der Genossenschaft DPF schon im Sommer 2010 „erheblichen Klärungsbedarf“ zu Grundstücksgeschäften in den Bezirken Treptow und Lichtenberg. 14 weitere Unternehmen hatten ebenfalls Gesprächsbedarf. Sie fühlten sich vom Liegenschaftsfonds hinters Licht geführt. Das Verhalten der zuständigen Mitarbeiter sei treuewidrig und nicht hinnehmbar.

Klagen gibt es auch aus anderen Teilen der Branche. Einige Betroffene überlegten schon, die Anti-Korruptionsstelle des Senats und das Abgeordnetenhaus einzuschalten. „Grundsätzlich gehen wir jeder Beschwerde nach und bemühen uns um ein Höchstmaß an Transparenz“, sagt Lippmann dazu. Aber es gebe auch immer wieder den Versuch, „durch die Behauptung der Benachteiligung Wettbewerbsvorteile zu erlangen.“Ulrich Zawatka-Gerlach

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