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Brandenburg: Dessous ersteigern, Haushalt sanieren Im Zollamt kann man Waren aus Brandenburg und Berlin erstehen

So richtig scheint Kerstin Hensel noch nicht klar zu sein, was sie da gerade ersteigert hat. „Irgend so ein fziehteil halt“, sagt sie und öffnet den Koffer etwas unbeholfen.

So richtig scheint Kerstin Hensel noch nicht klar zu sein, was sie da gerade ersteigert hat. „Irgend so ein fziehteil halt“, sagt sie und öffnet den Koffer etwas unbeholfen. Kurbel ins Loch, dann drehen – „und wo kommt der Ton raus?“ Zunächst nirgendwo, denn der Plattenteller dreht sich gar nicht. Sperre raus, behutsam die Tonnadel draufgesetzt, und schon klingt eine russische Weise von der auf dem Teller liegenden Schellack-Platte. Kerstin Hensel ist seit ein paar Minuten Besitzerin eines Koffer-Plattenspielers. 52 Euro hat sie dafür bezahlt. Ein Schnäppchenpreis für den alten Plattenspieler, den sie gestern bei der Versteigerung im Berliner Hauptzollamt am Mehringdamm erstanden hat. Die findet vier Mal im Jahr statt, nächstes Mal am 3. September.

„Im Schnitt bringt eine Auktion zwischen zwölf- und achtzehntausend Euro ein", sagt Leiter Gerhard Korneli. Versteigert werden unter anderem Waren aus Pfändungen der Zoll- und Finanzämter, ausgemusterte Möbel von verschiedenen Behörden und Diebesgut aus den Landeskriminalämtern Brandenburg und Berlin. Aus dem Zollamt in Schwedt kommt ausschließlich Schmuggelgut wie Schnaps, Textilien und Trödelware aus Porzellan und Glas. „Der Erlös geht an den Bund“, sagt Sprecher André Härtge. So dienen an der deutsch-polnischen Grenze beschlagnahmte Dessous der Sanierung des Haushalts. Auch Waren aus Potsdam sind dabei. Was aus Pfändungen stammt, kann schon eine Woche danach versteigert werden. Der Erlös dient dazu, die Steuerschulden zu begleichen.

Und was da alles angeboten wird! Luftdruckgewehre, Ölgemälde, Gitarren, Kinderschuhe, Handys, Fahrräder. Vieles davon kommt jedoch auch im Internet unter www.zoll-auktion.de unter den Hammer, wo ständig geboten werden kann. Vor allem Waren, die im Hauptzollamt keiner ersteigern wollte oder deren Interessenten weit verstreut sind, etwa moderne Kunst oder Sportlenkräder von Subaru. Oder bei 90-prozentigem polnischen Schnaps. Weil es im Netz mehr Interessenten gebe, seien hier die Preise meistens höher. „Bei der Auktion im Hauptzollamt kann man dafür noch richtige Schnäppchen machen“, sagt Korneli. Zum Beispiel 19 Holzspazierstöcke und eine defekte Geige im Kasten, für 30 Euro. Oder 29 Lesebrillen, laut Auktionator „mit verschiedenen Dioptrien“, 38 Euro. Das Mindestgebot entspricht laut Versteigerungsordnung dem halben Marktwert. Der wird meist von einem Gutachter festgelegt. „Ansonsten anhand von Katalogen und langjähriger Erfahrung des Auktionators. Oder einfach so Pi mal Daumen“, sagt Korneli. AU

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