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Bundeskanzler Olaf Scholz  bei einem Besuch in Kiew. In einem offenen Brief aus der Uckermark wird er aufgefordert, sich für Friedensverhandlungen einzusetzen.

© picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Brandmauer in der Uckermark eingerissen?: Demokratische Parteien und Rechtsextreme unterzeichnen Ukraine-Brief an Scholz

Mit einem Brief wenden sich Abgeordnete des Uckermärker Kreistags gegen eine Fortdauer des Ukraine-Kriegs. Unterschrieben haben auch Vertreter der AfD. Das sorgt im Landtag für Diskussionen.

Einreißen der Brandmauer oder bloße Panne? Der von Rechtsextremisten mit unterzeichnete Brief mehrerer Kreistagsabgeordneter aus der Uckermark zum Ukrainekrieg an Kanzler Olaf Scholz und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (beide SPD) hat im Potsdamer Landtag erneut eine Debatte über den Umgang der Demokraten mit der extremen Rechten ausgelöst.

Das Schreiben, in dem eine friedliche Lösung anstelle weiterer Waffenlieferungen an die von Russland angegriffene Ukraine gefordert wird, wurde von Vertretern aller Parteien mit Ausnahme der Grünen unterzeichnet. Und: Es trägt auch die Unterschriften von Hannes Gnauck, AfD-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der als rechtsextrem eingestuften AfD-Jugendorganisation Junge Alternative, sowie des Kreistagsvertreters der in „Die Heimat“ umbenannten rechtsextremen NPD.

Während sich die SPD inzwischen von dem offenen Brief distanziert, sehen sowohl die CDU als auch die Linke keinen Tabubruch. Unterzeichnet haben den am Montag in Prenzlau veröffentlichten Brief insgesamt 32 der 51 Kreistagsmitglieder, darunter der Kreistagsvorsitzende Wolfgang Banditt und Landrätin Karina Dörk (beide CDU) sowie der Landtagsabgeordnete Andreas Büttner (Linke).

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Linke und CDU im Landtag sehen keinen Tabubruch

Die Unterzeichner hätten vorher nicht gewusst, dass der Brief, der von der CDU-Kreistagsfraktion in den Ältestenrat eingebracht worden sei, auch von AfD-Vertretern und NPD-Nachfolgern unterschrieben werde, erklärte Brandenburgs Linksfraktionschef Sebastian Walter am Dienstag.

Er teile die inhaltliche Position des Briefes, den er so auch mit unterschrieben hätte. Die Unterschrift Gnaucks sehe er als eine Provokation, das Anliegen der Demokraten im Kreistag zu diskreditieren. „Auf diese Provokation einzugehen, deshalb auf eine solche Friedensinitiative zu verzichten, würde bedeuten, dieser Partei eine Macht zuzubilligen, die ihr nicht zusteht“, so Walter.

Auch der Chef der CDU-Fraktion im Landtag, Jan Redmann, sieht keinen Grund, den Brief zurückzuziehen, auch wenn er weitere Waffenlieferungen an die Ukraine befürworte. „Da mag es Meinungsunterschiede innerhalb der Partei geben“, so Redmann.

Die Uckermark sei wegen der Raffinerie PCK in Schwedt besonders von Russland-Sanktionen betroffen, deswegen werde das Thema dort teils anders diskutiert. Die Parteikollegen in der Uckermark „brauchen keinen Ratschlag aus Potsdam“ zum Umgang mit dem Brief, so Redmann. Wegen der vorher nicht bekannten AfD-Unterschrift einen Tabubruch zu konstruieren, sei überzogen.

Es sei vorher nicht bekannt gewesen, dass Vertreter der extremen Rechten die Möglichkeit zur Unterschrift gegeben worden sei, betonte auch Freie-Wähler-Landtagsgruppenchef Péter Vida. „Inhaltlich wird davon nichts falsch“, sagte er zu dem Brief, der auch von der Landtagsabgeordneten der Freien Wähler, Christine Wernicke, unterschrieben ist.

Da hat die demokratische Brandmauer versagt.

Benjamin Raschke, Fraktionschef der Grünen im Brandenburger Landtag

Die SPD distanziert sich von dem Brief

Das Verfahren sei nicht gut gelaufen, erklärte SPD-Landtagsfraktionschef Daniel Keller. „Briefe sollten nicht gemeinsam mit der AfD unterschrieben werden“, sagte er in Potsdam. „Eine einseitige Stellungnahme, die den Aggressor nicht benennt und nicht auf die Notwendigkeit einer angemessenen Verteidigung der Ukraine eingeht, kann von uns nicht unterstützt werden“, heißt es in einer Erklärung der SPD-Kreistagsfraktion.

Für die SPD gelte der Grundsatzbeschluss über das Nicht-Zusammenarbeiten mit der AfD auf allen Ebenen, hieß es am Dienstag auch aus dem Büro des SPD-Bundestags- und Uckermark-Kreistagsabgeordneten Stefan Zierke. Allerdings stehen auch zwei Mitglieder der SPD-Kreistagsfraktion unter dem offenen Brief.

„Mit Rechtsextremisten macht man keine gemeinsamen Sachen“, sagte der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Benjamin Raschke, und forderte eine Distanzierung der anderen Parteien. Nun müsse aufgeklärt werden, wie es passieren konnte, dass auch Extremisten die Möglichkeit zur Unterschrift des Briefes gegeben worden sei. „Da hat die demokratische Brandmauer versagt“, so Raschke.

Der Vorgang ist brisant, da im Juni Kommunal- und im September Landtagswahlen anstehen. Auf Landesebene lehnen die demokratischen Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD, die den rechtsextremen Fraktionschef Hans-Christoph Berndt zum Spitzenkandidaten kürte, kategorisch ab. (mit dpa)

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