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Politik: Spiel auf Zeit

Jürgen Möllemann sollte heute vor dem geplanten Auschluss aus der FDP-Fraktion Rede und Antwort stehen – doch er kommt nicht

Kommt er? Kommt er nicht? Erst am späten Montagabend war klar, dass es an diesem Dienstag nicht zum Showdown Möllemann gegen FDP kommen wird. Es war zunächst Jürgen W. Möllemann selbst, der sich für gesund erklärt und seinen Einstieg in die Bundestagsarbeit angekündigt hatte. Fraktionschef Wolfgang Gerhardt hatte ihm dann am 8. Januar einen Brief geschrieben. „Mit Interesse habe ich zur Kenntnis genommen, dass Ihr Genesungsprozess so weit fortgeschritten ist.“ Dann könne man das Unausweichliche doch gleich mit dem Notwendigen verbinden: Möllemann sei eingeladen, das „vorgeschriebene rechtliche Gehör durchzuführen". Wenige Stunden vor der Anhörung erreichte Gerhardt dann die Absage, in der Möllemann gesundheitliche Gründe angab. Angeblich muss er sich an diesem Dienstag wegen einer Hauterkrankung einem operativen Eingriff unterziehen.

Dabei wollte Gerhardt eigentlich heute die Formalie hinter sich bringen, die vor einem Fraktionsausschluss steht. Zwei Drittel der Fraktion sollten dann schon am Mittwoch feststellen, dass Möllemann nicht länger einer der ihren ist. 34 von 47 Abgeordneten sollen sich bereits auf einen Rauswurf festgelegt haben. In Berliner Parteikreisen ging man am Montag davon aus, Möllemann spielt wohl auf Zeit . Möllemann hatte am Wochenende in etlichen Interviews und Redeauftritten für gleichermaßen kraftvolle wie widersprüchliche Signale gesorgt. So rief der Geschasste vor den Jungen Liberalen im Örtchen Hückelhoven: „So reicht gesät sind unsere Power-Kräfte nicht, dass wir uns dezimieren könnten!“ Er wolle weiter in der FDP arbeiten, er werde auch „zum Bundesparteitag gehen und für die Strategie 18 kämpfen". Die Parteispitze habe in einem „Putsch von oben" seine Ideen beerdigt – gegen die Voten mehrerer Parteitage. Dennoch bleibe seine Hand ausgestreckt. Später hieß es, Möllemann fühle sich nach seinen Auftritten „mauseplatt“.

Parteichef Guido Westerwelle wollte sich am Montag nicht über den Stand der Parteiverfahren äußern. Nicht kommentieren wollte er auch die Vorwürfe seines Ex-Stellvertreters dass die Rechtsstaatspartei FDP bei ihm keine Unschuldsvermutung gelten lasse. Deutschland habe wichtigere Probleme als den Fall Möllemann, so Westerwelle. Möllemann hatte gesagt, was in seinem umstrittenen Flugblatt stehe, habe er auf jeder Veranstaltung gesagt, und die Parteiführung habe dabei „ausgewiesenermaßen am meisten gejubelt“. Gerhardt hatte schon vor der Absage vorgebaut: „Wenn Möllemann zu der Anhörung nicht erscheint, werden wir ihn für die nächste Sitzung einladen, und so weiter, bis er kommt!"

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