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Reaktionen: Merkel erfreut über Sarrazins Rücktritt

Sowohl die Bundeskanzlerin als auch Bundespräsident Christian Wulff begrüßen Sarrazins Entscheidung, zurückzutreten. Der Zentralrat der Juden spricht dagegen von einer „Bankrotterklärung“ der Politik. Die SPD hofft derweil auf einen freiwilligen Parteiaustritt Sarrazins.

Der Rückzug des umstrittenen Bundesbankvorstands Thilo Sarrazin ist bei der Regierung und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf Erleichterung gestoßen. „Es ist gut, dass es diese einvernehmliche Regelung jetzt gibt“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Jetzt könne die Bundesbank in Ruhe weiterarbeiten. Seibert betonte, die Bundesregierung habe auf die Entscheidung Sarrazins „keinen Einfluss genommen“. Sarrazin, der mit Äußerungen über eine angeblich erbliche Dummheit muslimischer Einwanderer und ein jüdisches Gen bundesweit für Empörung sorgte, hatte am Donnerstagabend um seine Entlassung gebeten. Bundespräsident Christian Wulff begrüßte Sarrazins Schritt und kündigte an, den Bundesbankvorstand von seinem Amt zu entbinden.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte die Verständigung dagegen scharf. Es handele sich um eine politische „Bankrotterklärung“, sagte Generalsekretär Stephan Kramer. „Die Politik hat versagt.“ Er fügte hinzu: „Die Chance, mit einem Rauswurf Sarrazins eine klare Linie zu ziehen, dass solcher Rassismus in unserer Gesellschaft nicht tolerierbar ist, wurde verpasst.“ Stattdessen gebe es nun einen „faulen Kompromiss“, der „eine Schande“ für das ganze Land sei. Kramer fügte hinzu: „Die NPD ist mit dem Fall Sarrazin und diesem Abgang aus der Bundesbank endgültig salonfähig.“ Linkspartei-Vize Katja Kipping nannte es „gut, dass Sarrazin aus dem Bundesbankvorstand ausscheidet“. Schlecht aber sei, „dass die Bundesbank jetzt alle Kritik an Sarrazin zurückzieht.“ Die Bank müsse zudem offenlegen, ob Sarrazin ein Versorgungspaket angeboten werde. Kipping betonte: „Die Causa Sarrazin ist eine Causa Bundesbank. Es kann jetzt nicht alles beim Alten bleiben.“ Auch der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick begrüßte den Rücktritt Sarrazins, kritisierte aber zugleich: „Der Schaden für die Bundesbank ist groß und kann durch den Abgang nicht mehr verhindert werden.“ Bund und Länder dürften jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen. „Der Fall Sarrazin muss Konsequenzen haben, damit er sich nicht wiederholt“, forderte Schick im Interview mit Handelsblatt Online und fügte hinzu: „Das Benennungsverfahren für Bundesbankvorstände muss umgehend reformiert werden.“ Das Wegloben von Politikern zur Bundesbank sei „schädlich“ und müsse „unterbunden werden“.

Die Sozialdemokraten hoffen, dass Sarrazin nach seinem Rückzug aus der Bundesbank auch die SPD freiwillig verlassen wird. Der amtierende Fraktionschef Joachim Poß sagte, er würde begrüßen, wenn Sarrazins „diesen Schritt von sich aus gehen würde“. Parteichef Sigmar Gabriel kündigte an, die SPD werde mit ihrem umstrittenen Mitglied eine öffentliche Debatte um die von ihm aufgestellten Vererbungsthesen führen. Sarrazin müsse dann sagen, ob er „diese Eugenikdebatte aufrecht“ halte oder nicht. Davon werde die Entscheidung über den Parteiausschluss abhängen. (dapd)

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