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Streik der GDL am 12.03.2024 am Hauptbahnhof in Muenchen. Ein ICE Zug steht zur Abfahrt bereit. Weiblicher Zugbegleiter signalisiert dem Lokfuehrer mit roter Kelle, dass der Zug zur Abfahrt bereit ist. *** GDL strike on 12 03 2024 at the main station in Munich An ICE train is ready for departure Female train attendant signals to the engine driver with a red trowel that the train is ready for departure

© imago/Sven Simon/IMAGO/Frank Hoermann/SVEN SIMON

Exklusiv

Gewalt gegen Zugbegleiter: Bahngewerkschaft droht mit Stillstand bei der Fußball-EM

Bahnmitarbeiter fühlen sich immer öfter bedroht, zeigt eine Umfrage der EVG. Die Bahngewerkschaft fordert mehr Personal für mehr Sicherheit – und warnt vor Konsequenzen.

Drei Minuten standen in den Niederlanden am 18. April alle Züge still. Mit der Aktion protestierten die Staatsbahn Nederlandse Spoorwegen (NS) und ihre Mitarbeiter gegen die zunehmende Gewalt gegen Zugbegleiter. Zuvor hatten Jugendliche eine Zugbegleiterin die Treppe eines Doppelstockzuges hinunter geschubst.

In Deutschland hat die Eisenbahngewerkschaft EVG die Aktion genau registriert. Sie fordert angesichts der vielen Übergriffe gegen das Bahnpersonal nun Konsequenzen von den Eisenbahnen und der Politik – und droht mit Stillstand ausgerechnet bei der Fußball-Europameisterschaft. Verbessere sich die Sicherheitssituation nicht, sagt EVG-Vorstand Kristian Loroch „werden wir dafür sorgen, dass die Züge nicht fahren“. Die Beschäftigten könnten dann während des Turniers etwa kollektiv Überstunden abbauen, warnt Loroch.

Fast 40 Prozent fühlen sich unsicher

Hintergrund ist eine Befragung der EVG von knapp 4000 Zugbegleitern, Servicekräften im Bahnhof und Hotline-Mitarbeitern, die dem Tagesspiegel vorliegt. 64 Prozent der Befragten gaben dabei an, in den letzten zwölf Monaten Gewalt oder Anfeindungen erlitten zu haben.

In der Gesellschaft verschieben sich die Grenzen. Ganze Gruppen benehmen sich zunehmend selbstherrlich.

Kristian Loroch, EVG-Vorstand

Während ihres Berufslebens sind demnach 82 Prozent Opfer eines verbalen oder körperlichen Angriffs geworden. 36 Prozent der Beschäftigten fühlen sich aktuell bei der Ausübung ihrer Tätigkeit unsicher. Bei 63 Prozent hat das Sicherheitsempfinden in den letzten fünf Jahren deutlich abgenommen.

Auslöser dafür sind auch die Corona-Pandemie und der Streit um die Maskenpflicht. Nach dem Ende der Pandemie habe sich die Situation aber nicht verbessert, sagt Loroch. „In der Gesellschaft verschieben sich die Grenzen. Ganze Gruppen benehmen sich zunehmend selbstherrlich.“

Die Zahl der registrierten Übergriffe hat im vergangenen Jahrzehnt deutlich zugenommen. Für 2023 meldete die Deutsche Bahn mehr als 3100 Angriffe gegen ihre Beschäftigten, 2014 waren es nur 1500.

Bundespolizisten stoppen im Februar in Hamburg einen Regionalzug mit Fußballfans.

© dpa/Uncredited

Im Regionalverkehr sollten Zugbegleiter nicht mehr alleine losgeschickt werden, fordert Loroch. „Die Doppelbestreifung muss Standard werden.“ Entsprechend müssten die für den Nahverkehr zuständigen Länder einen höheren Personaleinsatz bestellen.

Zur Europameisterschaft verlangt Ralf Damde, der Chef des Gesamtbetriebsrats von DB Regio, Ad-hoc-Maßnahmen von der Bahn. „Wir fordern Personalplanung nach Gefahrenlage durch rivalisierende Fanmassen in Bussen und Bahnen“, sagt Damde. Nötig sei eine Doppelbesetzung und ausreichend Sicherheitspersonal für die Monate Juni und Juli 2024. „Bevor unsere Leute angegriffen werden, verweigern wir Personaleinsatz bei offensichtlichen Gefährdungslagen“, warnte Damde.

„Jede Form von Gewalt gegen unsere Mitarbeitenden ist inakzeptabel“, sagt eine Bahnsprecherin auf Anfrage. Der Konzern will Zugbegleiter vermehrt mit Bodycams ausstatten. Die Bodycam helfe, Aggressionen zu reduzieren. Gleichzeitig liefere sie im Falle eines Vorfalls gerichtlich verwertbare Bildaufnahmen für die Strafverfolgungsbehörden.

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