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Hrant Dink

© ddp

Türkei: Gedenken an Journalistenmord

Vor einem Jahr erschoss ein türkischer Rechtsextremist den Journalisten Hrant Dink - zuvor hatte die türkische Justiz den Redakteur wegen "Beleidigung des Türkentums" verurteilt. Um diesen Paragraphen wird weiter gestritten.

Tausende Menschen haben gestern in Istanbul der Ermordung des armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink vor einem Jahr gedacht. Freunde und Angehörige des Journalisten sowie Mitglieder der türkischen Reformbewegung versammelten sich am Nachmittag vor dem Redaktionsgebäude von Dinks Wochenzeitung "Agos". An dieser Stelle hatte der Jugendliche Ögun S. Dink am 19. Januar 2007 aufgelauert und ihn mit mehreren Schüssen aus nächster Nähe getötet. Nach Polizeiangaben nahmen rund 8000 Menschen an der Gedenkveranstaltung teil.

Dink sei getötet worde, weil er Armenier gewesen sei und die "Sprache der Wahrheit" gesproche habe, sagte der 47-jährige Mehmet Calik, einer der Teilnehmer. "Wir sind hier, um seinen Kampf fortzusetzen." Der 23-jährige Student Daniz Buga sagte, er sei gekommen, um den Mördern und dem Staat Rechenschaft abzuverlangen. Teilnehmer hielten Schilder hoch, auf denen "Wir sind alle Armenier" und "Wir sind alle Hrant Dink" geschrieben stand.

Witwe verlangt Gerechtigkeit

Ogün S., der einen Tag nach der Tat gefasst wurde, steht inzwischen zusammen mit mutmaßlichen Komplizen vor Gericht. Dinks Familie und ihre Anwälte werfen den Sicherheitsbehörden allerdings vor, nicht alles für die Aufklärung des Falles zu tun. Dinks Witwe Rakel forderte gestern sichtlich bewegt vor den Teilnehmern der Kundgebung Gerechtigkeit für ihren Mann. "Was wurde im Namen der Gerechtigkeit im vergangenen Jahr gemacht?", fragte sie.

Dink hatte die türkischen Massaker an den Armeniern im Ersten Weltkrieg als "Völkermord" bezeichnet und eine Aufarbeitung der Geschehnisse gefordert. Für Rechtsextremisten wie Ogün S. war er  wegen seiner Haltung ein Landesverräter, der den Tod verdiente. Bestärkt fühlten sie sich durch ein Gerichtsurteil nach dem Paragrafen 301, in dem Dink die "Beleidigung des Türkentums" vorgeworfen wurde. Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan wollte das umstrittene Gesetz rechtzeitig vor Dinks Todestag ändern, doch innerhalb des Kabinetts gibt es Streit über die Reichweite der Veränderungen. Erdogan hat eine Novelle für die kommenden Wochen angekündigt. (jam/AFP)

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