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Rauswurf: Gabriele Pauli: Die Partei bin ich

Gabriele Pauli hat Edmund Stoiber gestürzt und später die CSU verlassen. Nun ist sie von den Freien Wählern gegangen worden. Die Freien Wähler wollen nicht flächendeckend bei der Bundestagswahl antreten. Pauli aber will - und die neue Partei: ist sie!

Ein Opfel ist ein Opfel ist ein Opfel. Zumindest in der niederbayerischen Aussprache von Hubert Aiwanger, dem Vorsitzenden der Freien Wähler in Bayern, welcher sonst sehr geradeaus ist, aber artikulatorisch aus jedem A umständlich ein O macht. Also sagt er auch „Gobriele“ Pauli, und dass die Fraktion sich nun von ihr trenne: 17 von 20 waren dafür.

Die Szene im Bayerischen Landtag ist so überraschend nicht. Das findet auch Gabriele Pauli. Und sie versteht’s ja auch („schon klar“), dass die Freien Wähler ihre Spitzenkandidatin für Europa, die in Bayern noch einmal fast sieben Prozent und im Bund immerhin deren zwei geholt hat, jetzt vor die Tür setzen, weil sie eine eigene Partei gründen möchte, ja muss, ganz dringlich: Name noch unbekannt, Ziele diffus – und das Personal? Tja, Pauli halt. Klingt komisch, klar.

Dass die Dinge in ihrer Scheinabsurdität so ganz einfach nicht liegen, wird unter anderem offensichtlich, wenn man einen Blick auf den Terminkalender von Doktor rer. pol. Gabriele Pauli wirft, denn der verzeichnet für den Freitag dieser Woche eine ins Haus stehende Auszeichnung. In der Kaiserburg zu Nürnberg empfängt Pauli dann die Medaille für besondere Verdienste um die kommunale Selbstverwaltung in Silber, der Freistaat wird vertreten durch den Innenminister Joachim Herrmann. Letzterer, gemeinhin nicht gerade über die Maßen geschickt auf gewienertem Parkett, dürfte dann eher verdruckst gerade noch den Minimalkomment wahren, innerlich aber wohl denken: Gott, die schon wieder! Nun zeigt aber allein dieser kurze Ausblick auf kommende Ehrungen, dass es wieder mal nicht damit getan ist, Gabriele Pauli als womöglich sogar leicht gestörte politische Krawallschachtel zu karikieren, schließlich erhält sie den Preis ja nicht für eine ihrer Selbstinszenierungen, sondern für den Dienst am bayerischen Volk, und da stehen auf ihrer Habenseite nun einmal fast zwanzig Jahre als Landrätin plus der Vorsitz des Innenausschusses im Maximilianeum, den sie für die Freien Wähler innehatte – das sind mehr als nur Nüsschen.

Die Kehrseite ist, das alles dies handfest Politische und Gesellschaftspolitische Gabriele Pauli eben nicht gereicht hat und nicht reicht, wobei die, sagen wir, wirklich paulinischen Momente, also richtiggehendes politisches Drama mit dem latenten Hang zur Komödienstadelei, dann doch bereits etliche Monate zurückliegen, ja, Jahre eigentlich. Wobei nicht zu vergessen ist, dass die Medien sich in teilweise hysterischer Manier an der Verbreitung dieser einschlägigen Augenblicke beteiligt haben: Wie die von Edmund Stoibers Apparatschiks vorher tölpeldreist bespitzelte Pauli auf einmal vor dem Ministerpräsidenten beim Neujahrsempfang 2007 in der Münchner Residenz auftauchte zum Beispiel und Händchen gab, ist in der Öffentlichkeit damals – auch hochseriös – gleichsam als shakespearescher Moment überinterpretiert worden. Und da sollte nicht eine das Spinnen anfangen und den Boden unter den Pumps verlieren? Nach Stoibers Sturz, an dessen länglichem politischen Hinsinken Pauli mittelbar beteiligt war, ist dann ein bisschen in Vergessenheit geraten, dass die Anliegen Paulis teils ihre Berechtigung hatten: Sie wollte, alles in allem, eine unmafiösere CSU, in der man sich das offene Wort getraut hätte. Resultativ ist es dann Horst Seehofer geworden: ein Bauchredner. Aber das war nicht Paulis Schuld. Paulis Schuld war, dass sie, nachdem inhaltlich nicht mehr viel von ihr gekommen war, für das Cover der Bunten vor dem Parteitag im September 2007 die Bayernfahne (und sonst nichts) anzog, obwohl sie gerade erst die ominösen Handschuhe (für eine Fotosession der längst eingegangenen „Park Avenue“) abgelegt hatte. Pauli war schon damals weit weniger noch der Politik verhaftet als sie verschwörerisch beteuerte, vielmehr reine Performance geworden. Ein Kunstprodukt.

Von der Ebene des Bayerischen Landtags betrachtet, in den sie für die Freien Wähler einzog, nachdem sie im Jahr zuvor bei der CSU ausgetreten war, schien sich der Hang zur Show anfangs ein wenig gelegt zu haben, wiewohl Gabriele Pauli öfter zwar sehr Populistisches, aber auch häufig gedanklich schwach Belichtetes zum Besten gab. Intern freilich hat sich dann selbst bei ihren Befürwortern wie dem Nürnberger FW-Vorsitzenden Jürgen Dörfler schnell Ernüchterung breitgemacht. Paulis Allüren, zu denen demonstrative Verschwiegenheit im Wahlkreis wie vor allem demonstratives Zuspätkommen bei Terminen gehörte, pikanterweise eine alte Stoiber-Unart, war nicht beizukommen. Darüber hinaus wollen die Freien Wähler nicht flächendeckend bei der Bundestagswahl antreten, Pauli aber will, und die neue Partei: ist sie!

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