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Politik: Ein Prediger gegen das Dritte Reich

Der Münsteraner Kardinal Galen ist am Sonntag selig gesprochen worden

Unter Teilnahme von tausenden Pilgern aus Deutschland ist am Sonntag im Petersdom der frühere Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen selig gesprochen worden. Der 1946 gestorbene Kardinal galt als Symbolfigur des kirchlichen Widerstands gegen Hitler.

Anders als viele seiner Amtsbrüder seinerzeit hatte Galen sich während des Zweiten Weltkriegs zum offenen Protest gegen die Euthanasie und die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ durchgerungen: „Wenn man den Grundsatz aufstellt und anwendet, dass man den ,unproduktiven’ Menschen töten darf, dann wehe uns allen, wenn wir alt und altersschwach werden“. In mehreren Predigten, die während der Nazizeit unter der Hand in ganz Deutschland weitergegeben wurden, geißelte von Galen auch den Terror der Nationalsozialisten gegen die eigene Bevölkerung und die Willkürherrschaft der Gestapo.

Gemäß seinen neuen, eigenen Richtlinien nahm Papst Benedikt XVI. die Seligsprechung von Galens nicht persönlich vor; an seiner Stelle feierte der Leiter der Selig- und Heiligsprechungskongregation, José Saraiva Martins, den etwa zweistündigen Gottesdienst. Der Papst selbst ließ sich jedoch am Ende der Zeremonie kurz im Petersdom sehen und begrüßte die deutschen Teilnehmer, vor allem die großen Delegationen aus Münster sowie den Oberbürgermeister der Stadt, und darüber hinaus die Bischöfe, die zur Feier angereist waren oder – im Rahmen der Synode, die im Vatikan tagt – derzeit ohnehin in Rom sind. In einer knappen Grußadresse würdigte Benedikt XVI. den neuen Seligen. Der Herr habe dem Münsteraner Bischof „Mut und Tapferkeit gegeben, um die Rechte Gottes, der Kirche und des Menschen zu verteidigen, die das nationalsozialistische Regime im Namen einer irrigen neuheidnischen Ideologie in gravierender und systematischer Weise verletzt hat. Die Seligsprechung stellt ihn als Modell eines tiefen und unerschrockenen Glaubens heraus“, so der Papst.

Schon kurz nach seiner Wahl zum Oberhaupt der katholischen Kirche hatte Benedikt XVI. erklärt, anders als sein Vorgänger werde er nur noch Heiligsprechungen persönlich leiten. Seligsprechungen – als erste Stufe zur Heiligsprechung – finden seither in der Regel in den Heimatländern der Betreffenden statt. Dies entspricht der kirchlichen Auffassung, derzufolge „Selige“ hauptsächlich im eigenen Land verehrt werden sollen; Heilige dagegen gelten als Glaubensvorbilder für die gesamte Kirche. Dass Benedikt XVI. am Sonntag dennoch in den Petersdom kam, obwohl es sich „nur“ um eine Seligsprechung handelte, gilt als Kompromiss: Der Papst wollte einerseits seinen eigenen Regeln folgen, andererseits nicht ausgerechnet seine Landsleute durch demonstrative Abwesenheit verprellen.

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