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Der Angeklagte (l, vorne) steht neben seinem Anwalt Marvin Schroth (r) im Gerichtssaal.

© dpa/Oliver Berg

Update

Geständnis abgelegt: Mutmaßlicher Spion Russlands in Düsseldorf vor Gericht

Ein deutscher Berufssoldat muss sich als mutmaßlicher Spion vor Gericht verantworten. Er soll sich Russland mehrfach als Agent angeboten und vertrauliche Informationen unaufgefordert zugespielt haben.

Ein Offizier der Bundeswehr steht wegen besonders schwerer Spionage zugunsten Russlands seit Montag in Düsseldorf vor dem Oberlandesgericht. Der 54-Jährige sei als Hauptmann der Bundeswehr für Systeme der elektronischen Kampfführung zuständig gewesen, sagte ein Vertreter der Bundesanwaltschaft bei der Verlesung der Anklage.

In seiner Aussage vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf räumte Thomas H. die Vorwürfe weitgehend ein. Er habe bei seiner Arbeit beim Beschaffungsamt der Bundeswehr erlangte Informationen an das russische Generalkonsulat in Bonn weitergeleitet. „Es war falsch, ich stehe dazu“, sagte er zum Prozessauftakt. 

Von einem Laufwerk der Bundeswehr habe er Informationen auf eine CD geladen und diese in den Briefkasten des russischen Konsulats geworfen. Mit seinem Handy habe er zudem Ausbildungsunterlagen im Zusammenhang mit Munitionssystemen und Luftfahrzeugtechnik fotografiert.

Beschafft habe sich H. die Daten bei seiner Arbeit beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, wo er im Dienstgrad eines Hauptmanns in einer Leitungsfunktion tätig war. Das Amt vergibt jährlich Rüstungsaufträge in Milliardenhöhe.

Mehrfach habe der Hauptmann dann von sich aus ab Mai 2023 dem russischen Konsulat in Bonn und der russischen Botschaft in Berlin vertrauliche Informationen zukommen lassen, mit dem Zusatz: „gerne mehr“. Obwohl er keine Reaktion erhalten habe, habe er es immer wieder versucht: per Posteinwurf, per E-Mail, mit Telefonanrufen aus dem Internet und von einem Münzfernsprecher.

Spion agierte aus Sorge um eine Eskalation im Ukrainekrieg

H. räumte ein, dass die Vorwürfe der Anklage „im Groben“ zutreffend seien. Das Einwerfen der CD bestritt er jedoch. Es habe sich lediglich um ausgedruckte Auszüge der Dateien gehandelt, in denen „nichts Schlimmes“ enthalten gewesen sein dürfte, sagte er. Er habe damit seinen Status als Bundeswehrsoldat beweisen wollen. „Eine CD habe ich beim besten Willen nicht eingeworfen“, sagte er.

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Grund für das Kontaktgesuch sei seine Sorge um eine Eskalation im Krieg gegen die Ukraine gewesen. Dabei habe er im Zusammenhang mit der Debatte über die Lieferung schwerer Waffensysteme die Gefahr gesehen, dass Deutschland als Kriegspartei angesehen würde. Sein Ziel sei gewesen, vor einer nuklearen Eskalation Informationen zu erhalten, um seine Familie rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Er sei so auf „die bescheuerte Idee“ gekommen, sich an das Konsulat zu wenden.

Zudem äußerte er eine zunehmende Unzufriedenheit mit der Bundesregierung, die sich um die Sicherheit der deutschen Bürger nicht kümmere. In seiner Aussage schilderte H. schwere gesundheitliche Probleme infolge jahrelanger Arbeitsüberlastung. Auch habe er unter Nebenwirkungen von Coronaimpfungen gelitten - etwa unter Schlafproblemen und Konzentrationsschwäche. Er sei so in einen „Teufelskreis“ hineingeraten.

Russland einen militärische Vorteil verschaffen

In seiner Aussage distanzierte er sich wiederholt von der Tat, die er sich heute nicht mehr erklären könne. Laut Anklage hielt H. die Informationen vor dem Hintergrund des Angriffskriegs auf die Ukraine für „wertvoll“. Sie hätten Russland seiner Ansicht nach einen militärischen Vorteil verschaffen können, hieß es.

Ein Vertreter der Bundesanwaltschaft sagte während einer Verfahrenspause, die Tätigkeit für einen fremden Geheimdienst und der Verrat von militärischen Informationen stellten „eine schwere Straftat dar“. Dies erfordere eine „konsequente Antwort des Rechtsstaats“. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Beamte des Bundeskriminalamtes hatten den Hauptmann am 9. August in Koblenz festgenommen. Seitdem ist er in Untersuchungshaft. Damals hatten Einsatzkräfte die Wohnung und den Arbeitsplatz des Beschuldigten durchsucht. Der Senat unter Vorsitz von Richter Lars Bachler hat für den Prozess bis 24. Juni sieben Verhandlungstage angesetzt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte danach strengere Sicherheitsprüfungen in Behörden an. Der Bundeswehrverband rief Soldaten zur Wachsamkeit gegenüber radikalen Tendenzen auf. H. werden in dem Staatsschutzverfahren konkret geheimdienstliche Agententätigkeit und die Verletzung des Dienstgeheimnisses vorgeworfen. (dpa, AFP)

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