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Teilnehmer einer Islamisten-Demo halten ein Plakat mit der Aufschrift „Mut zur Wahrheit“ in die Höhe.

© dpa/Axel Heimken

Update Exklusiv

Teilnehmer in Hamburg forderten Kalifat: Faeser fordert nach Islamisten-Demo „hartes Einschreiten“ des Staates

In Hamburg demonstrierten mehr als 1000 Menschen gegen eine angeblich islamfeindliche Politik Deutschlands. „Schwer erträglich“ sei das, sagt Innenministerin Faeser.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat nach einer von Islamisten organisierten Demonstration in Hamburg ein „hartes Einschreiten“ des Staates bei derlei Veranstaltungen gefordert und die Arbeit der Polizei gewürdigt. „Eine solche Islamisten-Demonstration auf unseren Straßen zu sehen, ist schwer erträglich. Es ist gut, dass die Hamburger Polizei mit einem Großaufgebot Straftaten entgegengewirkt hat“, sagte Faeser dem Tagesspiegel.

Faeser sagte weiter: „Die roten Linien müssen ganz klar sein: Keine Terrorpropaganda für die Hamas, keine Hassparolen gegen Jüdinnen und Juden, keine Gewalt.“ Wenn es zu solchen Straftaten komme, „muss es ein sofortiges, hartes Einschreiten bei Demonstrationen geben“, sagte die SPD-Politikerin: „Das ist die rote Linie, bei der der weitreichende Schutz von Versammlungs- und Meinungsfreiheit endet.“

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Die Sicherheitsbehörden hätten die islamistische Szene weiter im Visier, sagte Faeser. Sie verwies darauf, dass sie die Terrororganisation Hamas und die Gruppierung Samidoun im November 2023 in Deutschland verboten habe. „Das bedeutet: Jedwede Betätigung ist untersagt und eine Straftat, dazu gehören auch Propagandareden“, sagte Faeser.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Donnerstag bei einer Rede im Bundestag.

© dpa/Jessica Lichetzki

„Die Sicherheitsbehörden beobachten sehr aufmerksam, dass die Verbote eingehalten werden. Auch andere Gruppierungen, die emotionalisieren, radikalisieren und neue Islamisten heranziehen wollen, stehen im Fokus unserer Sicherheitsbehörden“, sagte die Innenministerin und fügte hinzu: „Das gilt auch für die mutmaßlich maßgebliche Gruppierung bei der Demonstration in Hamburg.“

Teilnehmer riefen „Allahu Akbar“

Mehr als 1000 Demonstranten waren am Samstag im Hamburg dem Aufruf zu einer Kundgebung von Islamisten gefolgt. Im Stadtteil St. Georg protestierten sie gegen eine angeblich islamfeindliche Politik und Medienkampagne in Deutschland. Auf Plakaten waren Slogans wie „Deutschland = Wertediktatur“ oder „Kalifat ist die Lösung“ zu lesen. Die Teilnehmer skandierten: „Stoppt die Wertediktatur.“

Die Kundgebung wurde von einem Großaufgebot der Polizei gesichert. Zu Zwischenfällen kam es nicht. Die Polizei gab die Zahl der Teilnehmer mit 1100 an.

Deutschland, Politik und Medien – ihr alle solltet Euch wohlbedacht positionieren gegenüber den Muslimen, gegenüber dem Islam und gegenüber Allah. 

Redner auf der Kundgebung

Immer wieder wurden die Demonstranten von den Organisatoren zu „Allahu Akbar“-Rufen („Gott ist groß“) aufgefordert. Redner warfen Politik und Medien „billige Lügen“ und „feige Berichterstattung“ vor, mit denen vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs alle Muslime in Deutschland als Islamisten gebrandmarkt werden sollten.

Wörtlich sagte ein Redner: „Deutschland, Politik und Medien – ihr alle solltet Euch wohlbedacht positionieren gegenüber den Muslimen, gegenüber dem Islam und gegenüber Allah. Denn wenn die Karten neu gemischt werden und der schlafende Riese wieder erwacht, werdet ihr für das, was eure eigenen vorausgeschickt haben, zur Rechenschaft gezogen.“

Der Anmelder der Kundgebung steht nach Informationen des Hamburger Verfassungsschutzes der Gruppierung Muslim Interaktiv nahe, die als gesichert extremistisch eingestuft ist. Sie gilt als Nachfolge-Organisation der islamistischen Vereinigung „Hizb ut-Tahrir“ (HuT), die 2003 mit einem Betätigungsverbot belegt wurde.

Islamisten fischen Nachwuchs mit Alltagsthemen

Muslim Interaktiv hatte bereits Ende Oktober trotz Verbots eine Demonstration in Hamburg-St. Georg organisiert. Im Februar vergangenen Jahres mobilisierte die Gruppe 3500 Menschen zu einer Kundgebung gegen eine Koranverbrennung in Schweden.

Die Gruppe war seit 2020 zunächst in den sozialen Medien aktiv. Bei Instagram hat sie 4600 Fans. Ihr gelingt es zunehmend, vor allem junge Muslime durch harmlos erscheinende Alltagsthemen und angebliche Rassismuskritik für sich zu gewinnen. Sie will nach eigenen Angaben für ein „selbstbewusstes islamisches Leben einstehen“.

Klare Abgrenzung zu westlichen Werten

Es geht um Kopftuchdebatten an Schulen, Fasten, Schwimmunterricht, islamkonforme Schulverpflegung oder die Teilnahme an demokratischen Wahlen. Dahinter steht nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz das Anklagen einer angeblich „staatlich gesteuerten Islamfeindlichkeit“. Über eine „Wertediktatur“ verübe der Staat eine Art „Assimilationsterror“.

Die Verfassungsschutzbehörden sehen eine klare Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Die Gruppe propagiere, dass die islamische Identität nur durch eine Abgrenzung von der westlichen Gesellschaft geschützt werden könne. Für den „wahren Muslim“ gebe es im Zweifelsfall und im Konflikt mit dem Grundgesetz nur eine Lösung – sich stets nach den Vorgaben der Scharia zu richten.

Jede Kritik am Islam werde als „Hetze“ und „Dämonisierung“ der Muslime kritisiert, heißt es in einer Analyse des Bundesverfassungsschutzes. Statt Dialog und Kompromissen werde ein Freund-Feind-Schema propagiert, Muslime nur als Opfer von Hetze dargestellt. Die Diagnose des Verfassungsschutzes: Die Propaganda von HuT-Ersatzideologen wie „Muslim Interaktiv“ begünstige abgeschottete Parallelgesellschaften und befördere die Radikalisierung junger Muslime. (mit dpa)

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